
Eine Stimme der Menschlichkeit
Anmoderation: Eine Bischöfin, eine Kirchenfrau hat diese Woche für Furore gesorgt: An Tag zwei der Amtseinführung von Donald Trump als US-Präsident, nach viel Pathos und Pomp im Kapitol, hat sie im Gottesdienst in der Nationalkathedrale in Washington einen anderen Ton gesetzt – Bischöfin Mariann Edgar Budde hat Präsident Trump ins Gewissen geredet. Für Autor Andreas Wörsdörfer war das - wie für viele - eine Überraschung. Aber eine, die ihm Mut gemacht hat.
Mariann Edgar Budde
Sie war mein Lichtblick in dieser Woche – Mariann Edgar Budde, anglikanische Bischöfin von Washington. Am Dienstag hat sie Donald Trump in aller Öffentlichkeit ins Gewissen geredet. In einem Gottesdienst war das, der zu seiner Amtseinführung als US-Präsident gefeiert wurde.
Bitte um Erbarmen mit den Menschen
Die Bischöfin hat auf Minderheiten in den USA hingewiesen, die jetzt Zukunftsängste haben. Homosexuelle etwa und Transgender-Menschen, die um ihre Menschenrechte bangen. Kinder von Migrantinnen und Migranten, die Angst haben, dass ihre Eltern abgeschoben werden und sie alleine zurückbleiben. Oder dass ihnen die Staatsbürgerschaft aberkannt wird und sie auch gleich mit deportiert werden.
Maßnahmen, die Präsident Trump mit seinen Dekreten am ersten Tag seiner Amtszeit auf den Weg bringen will. Bischöfin Budde hält dem entgegen: „Mr. President, ich bitte Sie um Erbarmen mit den Menschen!“
Unerwartet
So etwas hat Donald Trump sicher nicht erwartet in diesem Gottesdienst. Eher feierliche und salbungsvolle Worte, die seinen Anspruch auf die Gottgegebenheit seiner Präsidentschaft nochmal bestätigen – auch von der Kirche. Mit versteinerter Miene haben er und alle um ihn herum zugehört.
Eine sanfte Stimme der Menschlichkeit
Und die Bischöfin? Mit sanfter Stimme hat sie einen klaren Appell gesetzt: „Haben Sie Erbarmen!“ Eine sanfte Stimme der Menschlichkeit in Tagen voller Pathos, toxischer Männlichkeitsposen, Nationalismus und offenem Rassismus in den USA. Und die einzige kritische Stimme, die ich in dieser Woche gehört habe. Offenbar haben viele im Moment resigniert oder trauen sich nicht.
Die Menschlichkeit sollte siegen
Trump hat sie auf seiner Plattform „Truth Social“ beschimpft und allen Ernstes eine Entschuldigung gefordert. Das hat die Bischöfin – auch wieder sanft – zurückgewiesen. Dass sie Unterstützerinnen und Unterstützer findet, das hoffe ich. Und dass die Menschlichkeit doch noch siegen kann, das will ich glauben. Das nehme ich mit aus dieser Woche – wer hätte das gedacht. Mir macht sie Mut, diese sanfte, mutige und klare Frau.