Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Heute ein König oder eine Königin!
Pexels/Tima Miroshnichenko

Heute ein König oder eine Königin!

Norbert Mecke
Ein Beitrag von Norbert Mecke, Dekan, Evangelischer Kirchenkreis Melsungen
Beitrag anhören:

„Jede Nacht um halb eins, wenn das Fernsehen rauscht, leg ich mich aufs Bett und mal mir aus, wie es wäre, wenn ich nicht der wäre, der ich bin, sondern Kanzler, Kaiser, König oder Königin.“

Rio Reiser und sein Song "Wenn ich König von Deuteschland wär!

Fast 40 Jahre ist das her, dass halb Deutschland diesen Song von Rio Reiser mitgegrölt hat: „Das alles und noch viel mehr würd ich machen, wenn ich König von Deutschland wär!“

Eine verrückte majestätische To-Do-Liste

Verrückte Sachen sind im Lied auf der majestätischen To-Do-Liste: Jeden Tag im Jahr Geburtstag haben und ihn in einem der eigenen zweihundert Schlösser mit einem Glas Schampus beginnen. USA-Reisen, Vivaldi bis zum Abwinken hören, die Krone täglich wechseln, in Sachen Geld: „Nie wieder pleite!“ und sich einen eigenen Titel zulegen: Rio, der Erste, Sissi, die Zweite – oder was auch gefällt.

König sein. Kinder spielen das gerne: Spielzeugkrönchen auf, Umhang an und Chef sein. Oder der Traum einer Prinzessin in edlem Kleid und mit allem, was das Herz begehrt. Und bei den längst Erwachsenen? Ganze Zeitschriften leben davon, in Hochglanz von Royals und Königshäusern zu berichten: „Wie Zofen schwofen, Komtessen essen und Grafen schlafen“, witzelte Otto einmal.

Was würden Sie machen, wenn Sie König oder Königin wären?

Wenn Sie Königin oder König wären – was würde bei Ihnen zum „Alles und noch viel mehr“ gehören, was würden Sie machen?

Oder noch wichtiger: Was möchten Sie gerne repräsentieren? Für was würden Sie stehen? Das Wort „Monarchie“ bedeutet zwar „Alleinherrschaft“, aber die Mitglieder der europäischen Königshäuser haben ja eher repräsentative Aufgaben.

Also: Was macht da eine gute Königin oder einen guten König aus? Von was sollten die bunten Blätter am Kiosk von Ihnen voll sein? Fotos mit Ihnen auf teuren eigenen Yachten im Mittelmeer und in PS-starken Sportwagen? Saus und Braus, ganz groß Rauskommen und in Feierlaune oft kräftig einen in der Krone haben? Oder würden Sie Ihre Macht einsetzen, wie es Rio Reiser im Song vorschlägt: „Die Socken und die Autos dürften nicht mehr stinken.“ Umweltschutz. Nächstenliebe. Dass die Welt ein bisschen besser wird durch Sie?

Für Güte und Milde bekannt sein

Ich wäre jedenfalls lieber für Güte und Milde bekannt – für soziales Engagement, wie früher Prinzessin Diana. Einfluss und Vermögen anderen zugute einsetzen: Das wäre für mich königlich.

Was macht eine gute Königin oder einen guten König aus? Heute ist ein Tag, der darauf eine Antwort gibt. Am heutigen Sonntag, dem sogenannten „Palmsonntag“, denken Christen an einen biblischen Bericht von einer Art Krönung.

Ein biblischer Bericht von einer Art Krönung

Ob der Thronanwärter blaues Blut hat? Wenn dann über ähnlich viele Ecken wie Komiker Hape Kerkeling, der kürzlich rausfand auf Platz 111 der englischen Thronfolge zu stehen. Bekanntlich gilt ja: „Zum König oder zum Narren muss man geboren sein.“

Jesus wird in Jerusalem wie ein König empfangen

Und etwas Narrenhaftes hat die Königsprozession, die dem Palmsonntag seinen Namen gab: Jesus wird vor fast exakt 2000 Jahren in Jerusalem wie ein König empfangen. Man steht Spalier, winkt, johlt und jubelt. Viele stimmen Königshymnen an: „Hosianna. Hilf uns! Gelobt sei der im Namen Gottes kommt!“ Große Erwartungen. Riesige sogar: Wo Jesus vorbeikommt, da kommt auch Gott vorbei – das war der Eindruck, unter dem die Menschen damals standen.

Seine Wundertaten

Eine Reisegruppe aus der Nähe weiß zu berichten: Dieser Jesus hat einer ganzen Hochzeitsgesellschaft aus der Patsche geholfen. Er habe pures Wasser in reinen Riesling verwandelt.

Andere aus dem Norden des Landes erzählen, dass dieser Wundermann 5000, jawohl 5000(!), gestandene Leute vor dem Hungertod in der Wüste bewahrt habe. Er könne mit einer Sardinenbüchse und einem Laib Brot leere Mägen randvoll füllen.

Und die brandheiße Neuigkeit des letzten Tages: Jesus habe einen Toten wieder auf die Beine gestellt und auferweckt. Das setzt dem Ganzen die Krone auf:  Wenn einer nicht nur Durst löscht, wenn einer nicht nur Hunger stillt, wenn einer sogar den Tod im Griff hat, dann ist er das Ass, dann gehört ihm alle Ehre, dann muss er wie ein König empfangen werden. Wer da nicht dabei ist, verpasst das Entscheidende.

Jesus zieht auf einem Esel reitend in die Stadt

Alte schnaufen in Richtung Stadttor und winken mit den Händen. Junge rupfen Bäume, wedeln mit Palmenzweigen oder legen ihre Mäntel wie einen roten Teppich aus.

Und dann kommt er. Es wirkt wie eine Posse: Jesus kommt auf einem geleasten, auf Zeit geliehenen Esel. Das ist ungefähr so, als wäre die englische Queen auf einem Mofa bei Ihren Staatsbesuchen vorgefahren.

Wo Jesus vorbeikommt, kommt Gott vorbei? Was bitte schön soll hier königlich sein?

Ist dieser Einzug königlich?

Was soll an dem schrägen Auftritt von Jesus am Palmsonntag königlich sein? Naja. Vielleicht will da einer neu definieren, was wirklich majestätisch ist: 

Aufs hohe Ross schwingen sich viele. Beklatschen lassen sich viele. Jesus aber will nicht imponieren, sondern helfen. Und er macht deutlich: So ist Gott. Das soll beherrschend sein:

Jesus ist auf Augenhöhe mit den Menschen

Wir brauchen einen, der uns wirklich sieht und der uns ehrlich liebt. Wir brauchen einen, der auch dann noch zu uns steht, wenn es uns ganz dreckig geht. Deshalb kommt Jesus auf dem Armen-Tier. Mögen das manche lächerlich finden, es ist Augenhöhe. Herzenshöhe.

„Hilf, Herr!", rufen die Menschen. Und genau dafür kommt er: um überall dazwischen zu sein – in meinen Hochs und Tiefs, in Krisen und Sternstunden, im Alltag. Er ist sich für nichts zu schade oder zu edel. Er braucht nicht 200 Schlösser wie im Rio-Reiser-Song – weder auf Erden noch in den Wolken, keine Feldzüge und Ruhm. Wenn er mit seiner Nähe mein Herz erobert, reicht ihm das. Wenn er sich für mich krumm macht, ist es ihm Ehre:

Ein Repräsentant für Gottes Programm

König nicht für sich sein, nicht die Winke-Puppe vom Palast-Balkon, sondern sich anderen zugute ins Zeug zu legen. Das ist Gottes Programm. Dafür ist Jesus Repräsentant. Und Palmsonntag erinnert uns daran: Das gilt bis heute.

Jesus wird gekreuzigt

Die Woche geht weiter. Damals für Jesus schmerzlich. Am Freitag nach dem Einzug in Jerusalem wird er gekreuzigt. „König“ steht spöttisch über dem Kreuz. Ja, zum Narren und König muss man wohl geboren sein. Zur Größe, sich ganz klein zu machen, damit andere groß rauskommen. Das ist wirklich göttlicher Umgang mit Macht: alles geben für andere.

Auferstehung

Und Ostern wird es heißen: Aufstehen. Krönchen richten. Auferstehen und aller Welt zeigen, dass das wirklich die Krönung von allem ist: Nichts vermag die Macht der Liebe Gottes zu stürzen, nicht einmal der Tod.

Wenn Sie Königin oder König wären, was würden Sie gerne repräsentieren? Für was würden Sie stehen? Lassen wir die Konjunktive mal weg: 

„Gott krönt uns mit Gnade und Barmherzigkeit.“

Die Bibel sagt: „Gott krönt uns mit Gnade und Barmherzigkeit.“ (Psalm 103,4). Es bleibt also nicht beim „Wenn ich König oder Königin wäre…“ Wir sind´s!“ Kinder eines Königs, kleine Majestäten, in Beziehung zu ihm. 

Sich für andere mit seinem Können einsetzen

Das adelt uns. Darauf vertraue ich. Und weil Adel bekanntlich verpflichtet: Haltung. Herzenshaltung. Jesus-like: Mag man das selbst manchmal als lächerlich wenig empfinden und manche tun es schnell als Schwäche ab. Aber: Setzen wir das, was wir vermögen, für andere ein! Schöneres kann man nicht repräsentieren:

Heute ein König!     

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren