
Anleitung zum Aura-Aufpolieren
Aura ist das Jugendwort des Jahres 2024. Aura bedeutet so etwas wie Ausstrahlung. Figuren in Computerspielen haben oft einen Aura-Wert. Dieser steigt, wenn sie anderen helfen oder erfolgreich sind. Er sinkt, wenn Dinge schief gehen – wenn man vom Pferd fällt, oder im Zorn etwas kaputt macht. „Minus 100 Aura“ kann man in der Schule zugerufen bekommen, weil man zu spät ist. Und die Lieblingslehrerin „hat Aura“, das weiß jeder.
Aura ist auch eine Bezeichnung für den Heiligenschein
Mich hat dieses Jugendwort nicht nur an Computerspiele erinnert. Es gibt eine viel ältere Bedeutung: Aura ist auch eine Bezeichnung für den Heiligenschein. Bei manchen Darstellungen schwebt er über den Köpfen von Engeln oder Heiligen. Er symbolisiert die besondere Ausstrahlung dieser Menschen. Meine katholische Großmutter war mit solchen Bildern sehr vertraut. Von ihr kamen manchmal Sprüche, die ich als Kind merkwürdig fand: „Na, Maike, willst du deinen Heiligenschein polieren?“ – das sagte sie, und steckte mir fünf Mark zu. Für die Kollekte am Ausgang vom Gottesdienst.
Verbunden sein mit "dem Heiligen"
Als ich klein war, habe ich dann nach dem Heiligenschein gesucht, von dem meine Großmutter sprach. Aber wenn ich über meinem Kopf tastete, war da nichts. Und auch im Spiegel konnte ich ihn nicht sehen. Irgendwann habe ich verstanden, dass dieser Heiligenschein nicht greifbar ist. Aber mir gefällt die Vorstellung. Denn dieser Schein, diese Aura zeigt, dass ich verbunden bin mit etwas Größerem, das mich und uns umgibt. „Das Heilige“ kann man es nennen.
Liebevolle Energie
Dieses Heilige stelle ich mir wie gute, liebevolle Energie. Davon ist immer etwas bei mir. Wie ein Lichtschein. Manche Menschen strahlen besonders viel Liebe aus. Die haben dann Aura, wie die Lieblingslehrerin – oder eben einen Heiligenschein. In diesem Sinne möchte ich gern an meiner Aura arbeiten und meinen Heiligenschein polieren: Indem ich versuche, liebevoll zu handeln und so anderen ein Lächeln ins Gesicht zaubere.