Nur Mut!
Während meines ersten Praktikums auf dem Weg zur Gemeindereferentin war ich in einer Gemeinde in der Rhön. Zu meinen Aufgabenfeldern gehörte die Planung und Durchführung der Erstkommunionvorbereitung, Krankenbesuche bei den Seniorinnen und Senioren und der Religionsunterricht in einer Grundschule.
Ich erinnere mich noch genau an das Erstgespräch mit meiner Mentorin, also einer mir anvertrauten Gemeindereferentin, die mich für die 6 Wochen meines Praktikums sozusagen „an die Hand nahm.“ Am Ende des Gesprächs fragte sie mich, was mir denn noch schwerfallen würde und was ich lieber nicht machen wollte. Die Frage irritierte mich und dennoch fiel mir sofort etwas ein. „Wovor ich immer etwas Angst habe, ist vor einer großen Gruppe etwas vorzulesen. Zum Beispiel die Lesung innerhalb der Heiligen Messe am Sonntag.“ Sie lächelte und sagte geradeheraus, dass ich von nun an jeden Sonntag innerhalb des Gottesdienstes die Lesung lesen soll. Im ersten Moment ärgerte mich über ihren Auftrag.
Vermeidungsstrategie hat nicht geklappt
Am nächsten Sonntag saß ich nervös in der Kirchenbank. Weit vorne, damit ich bloß einen kurzen Weg habe, um meine zitternden Knie nicht zu lange zu spüren. Der Pfarrer nickte mir zu. Mein Herz schlug schnell. Etliche Male hatte ich den Text aus der Bibel zuvor studiert, um mich ja nicht zu verlesen.
Augen zu und durch
Es lief gut. Und ich verrate Ihnen eins: Am darauffolgenden Sonntag lief es noch besser. Mein Puls war nicht mal mehr so schnell – ich war entspannter.
Im Rückblick bin ich dankbar für diesen Stupser. Für den Sprung ins kalte Wasser. Von nun an hab‘ ich keine Angst mehr, Lesungen oder Texte aus der Bibel im Gottesdienst vorzulesen. Im Gegenteil: Ich freue mich drauf. Ich glaube, manchmal gilt es, dahin zu schauen, wovor man sich fürchtet. Um dann die Erfahrung zu machen: Es kann gut werden. Im Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten und Talente, bin ich sicher – es lohnt sich, immer wieder Neues und vor allem Ungewisses zu wagen.