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Der Kaffee bei Oma
Bild: PaulNaude_pixabay

Der Kaffee bei Oma

Dr. Barbara Brüning
Ein Beitrag von Dr. Barbara Brüning, Katholische Journalistin, Autorin und Systemische Familienberaterin, Frankfurt
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Sonntagnachmittage bei Oma sind für mich als Kind immer das Highlight der Woche gewesen. Ganz besonders schön war es, wenn sie in den Schulferien lagen. Dann durfte ich nämlich oft sogar die ganze folgende Woche bei der Oma bleiben. Und das war eine besondere Zeit. Ich habe gemerkt, dass ich für sie auch wichtig bin. Sie hat sich auf mich gefreut.

Wir haben Quatsch gemacht und Walzer vor dem Fernseher getanzt

Meine Oma hat damals schon lange allein gelebt, und vieles war ganz anders als bei uns zu Hause. Vor allem durfte ich abends mit ihr allein aufbleiben. Wir haben zusammen Wim Thoelke geguckt. Und wir haben einfach auch Quatsch gemacht zusammen. Einmal haben wir zu einem Orchester im Fernsehen Walzer getanzt. Wir haben auf dem Sofa unter einer Decke gekuschelt. Und morgens hat sie Hausarbeit gemacht und es war für sie so klar, dass ich helfe. Da gab es gar keine Diskussion. Ich habe zum Beispiel die Fransen an ihrem Teppich gekämmt. Das war in meinen Augen eine so merkwürdige Aufgabe, und ich hatte dabei richtig Freude. Ich hab mir vorgestellt, es wären die Ponyfransen von meinem eigenen Pony.

Darauf gefreut, wenn „meine“ Oma mich abgeholt hat

Mittags ist sie zur Arbeit gegangen und hat mich zu Fuß zu meiner anderen Oma gebracht. Die hatte noch ihren Mann und war immer sehr beschäftigt. Sie hatte nicht so viel Zeit für mich. Es war auch schön, aber ich habe mich immer schon drauf gefreut, wenn „meine“ Oma mich dann wieder abgeholt hat.

Ich wollte immer ganz viel von ihr wissen

Wir haben eigentlich gar nicht viel gesprochen miteinander. Ich wollte immer ganz viel von ihr wissen. Vor allem, wie es im Krieg war. Das konnte ich mir nämlich gar nicht vorstellen. Aber sie hat nur gesagt: das war so schlimm, da will ich mich nicht dran erinnern.

An diesen Sonntagen fühlte ich mich geborgen

In dem gemeinsamen Schweigen lag für mich ganz viel Trost. Ihre Anwesenheit, ihre unaufgeregte Art, alles Wichtige zu erledigen, haben mir gezeigt: Es reicht, einfach da zu sein. Der Duft des Kaffees, das leise Klirren der Tassen am Sonntag:  All das war für mich Trost in seiner reinsten Form. Und noch heute, wenn ich den Geruch von frisch gebrühtem Kaffee in der Nase habe, spüre ich ein kleines Stück dieser Geborgenheit.

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