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Der Moment im Regen
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Der Moment im Regen

Dr. Barbara Brüning
Ein Beitrag von Dr. Barbara Brüning, Katholische Journalistin, Autorin und Systemische Familienberaterin, Frankfurt
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Es war so ein hektischer Morgen. Ich bin von einer Aufgabe zu anderen gerannt und hatte kaum Zeit durchzuatmen. Mein Kopf war voller To-Do-Listen. Und als ich dann im Auto saß, waren die Straßen voll, ich bin kaum vorangekommen und hab ständig auf die Uhr geschaut. Ob ich wohl pünktlich zu meinem Termin komme? Tja, und dann hab ich sogar noch rechtzeitig einen Parkplatz gefunden. Aber ich war noch nicht lange zu Fuß auf dem Weg, als ein plötzlicher Regenschauer losgebrochen ist. Ohne Schirm und völlig unvorbereitet, ist mir nichts anderes übriggeblieben, als unter einem großen Baum Schutz zu suchen und den Regen über mich ergehen zu lassen. Gottseidank waren mein Laptop und meine Unterlagen in einem regenfesten Rucksack verstaut.

Der Regen hat alles von mir abgewaschen

Innerlich habe ich geflucht. Ich konnte absehen, dass ich völlig durchnässt würde. Auch unter dem Baum ist mehr und mehr Regen durchgekommen. Und ich konnte überhaupt nichts machen! Und da hab ich gemerkt, wie sich ganz langsam etwas gelöst hat. Höhere Gewalt, hab ich mir gedacht. Und den Kampf gegen die Zeit aufgegeben. Und weil ich sowieso nicht fliehen konnte, hab ich den Regen alles von mir abwaschen lassen, was mich belastet hat. Plötzlich ist mir eingefallen, wie ich als Kind immer extra in den Regen rausgelaufen bin. Ich hab mich wieder wie das Kind von damals gefühlt: Es regnet bei allen meinen Freunden genauso wie hier – dieser Gedanke hat mir damals gefallen. Es hat sich wie eine große Gerechtigkeit angefühlt: Alle werden nass. Und jetzt hab ich gedacht: noch andere sind auf dem Weg zu demselben Termin. Alle müssen durch diesen Regen. Vor dem Regen sind wir alle gleich. Und ich habe gefühlt, dass man mich verstehen wird. Ein wahrhaft tröstlicher Gedanke.

So regnet Gottes Güte gleichmäßig auf alle herab

Und ja, als ich am Ende völlig durchnässt zu meinem Termin gekommen bin, war ich nicht die Einzige. „Tja, Trost kommt manchmal wie ein Regenschauer“, hab ich mir gedacht. „Wie Gottes große Güte, die aus dem Himmel gleichmäßig auf alle herabregnet.“

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