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Unverdientes Glück
Bild: AndreasLischka_pixabay

Unverdientes Glück

Rolf Müller
Ein Beitrag von Rolf Müller, Pastoralreferent Pfarrei Mariä Himmelfahrt, Frankfurt
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Ich weiß noch genau, wie das war vor fast vierzig Jahren: Ich war mit meinem Vater in Rumänien, das damals noch fest in kommunistischer Hand war. Schnell bin ich da mit den Jugendlichen in meinem Alter in Kontakt gekommen. Beim Reden ist irgendwann spät am Abend dieser Satz gefallen: „Aber du Rolf, du hast ja diesen Pass!“ Ein Satz, der mich bis heute bewegt.

Geboren und aufgewachsen in einem freien, wohlhabenden Land

Denn mir war damals sofort klar, was gemeint war: Mein deutscher Reisepass hat mir so vieles ermöglicht, was die rumänischen Freundinnen und Freunde nicht konnten. Ich durfte reisen, wohin ich wollte, frei meine Meinung sagen und hatte Dinge, von dem die anderen Jugendlichen damals nur träumen konnten: Jeans zum Beispiel und sogar einen Walkman! Damals ist mir zum ersten Mal klar geworden, was für ein unverdientes Glück ich gehabt habe. Ich bin in einem freien und wohlhabenden Land geboren und aufgewachsen. Ein Glück, dass die allermeisten Menschen auf der Welt nicht haben.

Ein Geschenk, aber auch ein Auftrag

Heute am „Tag der deutschen Einheit“ bin ich dafür immer noch dankbar. Trotz aller Probleme in unserem Land, trotz der noch immer nicht ganz hergestellten Einheit seit der Wiedervereinigung vor 35 Jahren ist es für mich immer noch ein Geschenk, in diesem Land leben zu dürfen. Es ist für mich aber noch mehr ein Auftrag: Ich will heute an all die Menschen denken, die nicht so ein unverdientes Glück wie ich haben. Die in Armut, Krieg und Unfreiheit leben müssen oder an die, die deswegen aus ihrer Heimat fliehen mussten. Für sie will ich mich einsetzen!

Danke für das „Gottesgeschenk“ der Freiheit

Noch heute schau ich manchmal nachdenklich auf meinen deutschen Pass. Ja, er ist für mich ein „Gottesgeschenk“ der Freiheit, das ich bekommen habe. Und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass immer mehr Menschen in Freiheit leben können. Denn wer von uns Jugendlichen damals in Rumänien hätte gedacht, dass es auch dort nur drei Jahre später mehr Freiheit geben würde. Ich sage: Gottseidank.

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