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Die Würde bleibt. Immer.
Pixabay/Jesse P

Die Würde bleibt. Immer.

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Mitten in unserer Stadt steht eine lange Bank. Da sitzen oft die Gestrandeten; schon am frühen Morgen. Sie sitzen da mit Bier, mit Tabak und Lautstärke. Um sie herum gehen Menschen zum Einkaufen oder ins Café. Die Männer und Frauen auf der Bank stört das nicht. Sie reden in vielen Sprachen. Meist russisch, oder arabisch.

Kontakt zu den Menschen auf der Bank

Wenn ich in der Stadt bin, setze ich mich manchmal dazu. Zu Pjotr, Ludmilla und Achmed. Ich verstehe nicht viel. Ich denke, dass sie sich vom Leben erzählen, vom schweren Leben. Wie wir das ja auch tun. Von den Krankheiten, die man so hat. Und dass es bald besser werden soll, das Leben.

Ich sitze gerne dort. Manchmal fragt mich jemand nach Geld. Oder nach einer Zigarette. Wenn ich etwas dabei habe, gebe ich es. Es tut mir nicht weh. Manchmal gibt es auch Streit auf der Bank. Wie überall im Leben.

Warum ich mich dazu setze

Ich sitze da nicht, weil ich einer von ihnen sein will. Das wäre ja seltsam. Ich sitze da, weil ich mich nicht besser fühlen will als sie. Ich mag die verächtlichen Blicke von anderen nicht. Auch nicht die Sprüche über „Arbeiten gehen“ oder „Wascht Euch erstmal“. Verachtung von Menschen ist Sünde. Natürlich sind nicht alle Menschen gut, das weiß ich. Manche sind böse und verdienen Strafe.

Auch Gestrandete haben Würde

Verachtung aber verdient niemand. Ein Mensch ist ein Mensch. Auch Gestrandete mit Bier und Tabak und Alkohol haben Würde. Die bleibt ihnen. Immer. Gott sieht sie freundlich an. Wie uns auch.

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