Seelenfutter
„Angenommen, Du sitzt im Todestrakt. Welches letzte Mahl möchtest du serviert bekommen?“ Diese ungewöhnliche Frage kam abends bei Freundinnen auf den Tisch. Es ist erstaunlich, wie schwer sie zu beantworten ist.
Unterschiedliche Antworten
Eine antwortete: Ich würde über die Stränge schlagen. Richtig unvernünftig. „Familienpizza, frittierter Schokoriegel, Cocktails“. Viel zu viel, viel zu fettig, Unmengen von Alkohol. Andere wollten lieber noch einmal etwas ganz Besonderes essen. Hohe Kulinarik, bevor sie den Löffel abgeben müssen.
Mir fällt die Antwort nicht leicht. Denn es wäre ja mein letztes Essen. Als nächstes käme der Tod. Was wünsche ich mir noch vor dem Tod? Was ist dann noch wichtig?
Einer antwortet auf die Frage nach dem letztem Mahl mit einem Buchtitel
Einer in unserer Runde hat mit einem Buchtitel geantwortet: Jon Fosse, Morgen und Abend. Zunächst fand ich das unpassend. Er wurde schließlich nach Essen gefragt. Lesen kann man im Todestrakt doch immer. Aber er hat mich neugierig gemacht und ich habe das Buch dann auch gelesen. Es handelt vom Tod eines Fischers und hat mich sehr angerührt.
Der Fischer wird von einem Freund abgeholt, der schon gestorben ist. Er begleitet ihn - aus seinem Leben in die Welt danach. Ganz sanft und alltäglich geschieht das. Die Welt verliert ihre Substanz. Sie wird durchscheinend. Und der Fischer begegnet nochmal Menschen, die ihm wichtig waren. Eine beeindruckende und tröstliche Erzählung ist dieses kleine Buch.
Welches „Seelenfutter“ ist wichtig am Ende des Lebens?
Nach der Lektüre habe ich diese Antwort besser verstanden. Dieses Buch ist Seelenfutter. Es tröstet. Das beantwortet nicht die gestellte Frage nach der Henkersmahlzeit. Aber die andere, die mitschwingt: Was ist wichtig, ganz am Schluss? Wenn Sie mich fragen, antworte ich jetzt doppelt: Spaghetti Vongole, Weißwein und tröstliche Lektüre.