Kein Urlaub von der Trauerarbeit
Das Wort mag ich zwar nicht so: Trauerarbeit. Der große Vater der Psychoanalyse, Sigmund Freud, hat es erfunden. Stimmt aber, Trauer ist Arbeit, Knochenarbeit. „Ich hab das Gefühl, als würde mir unterirdisch ganz viel Kraft abgezogen, wie einem Möbelpacker“, hat mir eine Frau gesagt, die ich in der Trauerbegleitung unterstütze. Sie trauert um ihren geliebten Bruder. Nur ist beim Möbelpacker nach acht Stunden Arbeit meistens Schluss. Aber die Trauer, die geht mit nachhause, da gibt es keinen Feierabend, so hat sie es empfunden.
Leichte Momente trotz Trauer
Ja, es gibt keinen „Feierabend“ von der Trauer. Und erst recht auch keinen Urlaub davon. Das ist schwer, besonders um diese Jahreszeit, wo alle von ihren Ferien erzählen. „Ich bekomme viele nette Nachrichten von meinen Mitmenschen, aus der ganzen Welt“, hat die Frau noch erzählt. Klar, sie freut sich darüber, aber irgendwie macht es sie auch traurig. Sie fährt zwar jetzt auch noch mal weg, aber Urlaub von ihrer Trauer, den bekommt sie nicht. Will sie auch gar nicht – aber, dass es mal für Momente ein bisschen leichter wäre, das wäre schön, meinte sie.
Briefe an den toten Bruder
Wir haben im Gespräch überlegt, was dabei helfen könnte. Eine Freundin schaut nach dem Grab, solange sie weg ist, das ist schon mal gut, meinte sie. Nicht nur zum Gießen, sondern auch zum Hallo sagen. Und sie selber – sie will sich abends hinsetzen und aufschreiben, was schön war am Tag. In einem Tagebuch – als Briefe an ihren Bruder. „Dann kann ich ihm ein bisschen was erzählen von dem, was schön war“, kam ihr als Idee. Schließlich hat er auch sonst immer eine Postkarte von ihr bekommen. Ist zwar kein Urlaub von der Trauer, aber fühlt sich gut an für sie. Zwar anders, aber auch ein bisschen wie früher, meinte sie am Ende unseres Gesprächs. „Und dann spüre ich hoffentlich, wie wir verbunden sind, auch nach seinem Tod“, hat sie gesagt und sich lächelnd eine Träne abgewischt.