
Zwei Nein und ein Ja
Er hat noch kein Geschenk für seine Frau. Davon erzählt Heinrich Böll in einer Weihnachtsgeschichte („So ward Abend und Morgen“). Er hat zwar ein schönes Geschenk, aber er hat es noch nicht abgeholt bei der Gepäckaufbewahrung am Bahnhof. Er hat einfach nicht den Mut gehabt, das Geschenk zu holen und nach Hause zu fahren.
Seine Frau sprach nicht mehr mit ihm
Natürlich gibt es dafür einen Grund; es gibt immer einen Grund, wenn man nicht nach Hause möchte, vor allem am Heiligen Abend. Vor ein paar Wochen nämlich hat er seine Frau angelogen. Eine kleine Lüge nur, fand er. Seine Frau Anna fand die Lüge aber groß und gemein und konnte sie nicht vergessen. Seitdem sprach sie nicht mehr mit ihm. Das Leben zuhause ging weiter wie immer, aber Anna sprach nicht mehr. Sie antwortete nicht, fragte nichts und ging oft alleine zu Bett.
Seine Lieblingsstunde war im verdorben
Seitdem war er nicht mehr gern zuhause. Vor allem seine Lieblingsstunde zwischen zu Bett gehen und Einschlafen war ihm verdorben. Abends nämlich, wenn er im Bett lag, kam manchmal Frömmigkeit über ihn. Er sagte sich dann immer leise den Satz: Gott schuf Erde, Sonne und Mond; „so ward Abend und Morgen.“ Früher liebte er diese Stunde vor dem Einschlafen, heute hat er Angst davor. Alles wegen der Lüge.
Versöhnung am Heiligen Abend
Am Heiligen Abend dann, als er von der Arbeit nach Hause kam, hat Anna alles fein gemacht. Der Baum war geschmückt, Geschenke für ihn hingelegt - sie selbst war aber schon zu Bett gegangen. Er war missmutig und rief ohne Hoffnung: Anna, schläfst du? Als Anna dann leise sagte: Nein!, meinte er zuerst, dass er sich verhört hat. So lange hatte er ihre Stimme nicht mehr gehört. Vor lauter Aufregung redete er weiter und sagte: Ich habe deine Geschenke vergessen, ist das schlimm? Diesmal hörte er deutlich, dass Anna: Nein! sagte. Im Hochgefühl über ihre Worte erzählte er weiter von den Geschenken und rief dann: Freust du dich ein wenig? Als Anna darauf ganz klar sagte: Ja!, war er selig über die drei Worte: Zwei Neins und ein Ja. Schnell legte er sich neben sie. Und dankte Gott im Stillen für die Versöhnung. Rechtzeitig zur Heiligen Nacht.