Als die Krippe zum Problem wurde
Morgen ist der 2. Advent. Folgt man der biblischen Weihnachtsgeschichte, dann müssen Maria und Joseph in dieser Zeit aufgebrochen sein. Von Nazareth, ihrem Wohnort im Norden, bis Bethlehem ist es ein langer Weg. Ein beschwerlicher Weg, vor allem, wenn er Zu Fuß zurückgelegt wird. Für Maria, die hochschwanger war, hatte Joseph wohl einen Esel besorgt, denn zu Fuß konnte sie die Strecke kaum bewältigen. Auf einem Esel war es für sie etwas bequemer, aber viel schneller ging es auch nicht. Normalerweise würde man eine Woche veranschlagen, wenn unterwegs Besuche gemacht oder Ruhepausen eingelegt wurden, entsprechend länger.
Schon jetzt die Krippe aus dem Keller holen
Mich beschäftigt diese Wegstrecke, weil sie Auswirkungen auf meine Adventszeit hat. Wenn Maria und Joseph sich in diesen Tagen auf den Weg gemacht haben, dann ist es auch nicht falsch, wenn ich jetzt schon mal die Krippe aus dem Keller hole. Tatsächlich wird die Krippe bei uns zuhause nicht erst am Heiligen Abend aufgestellt, sondern schon in der Adventszeit. Am Anfang steht da nur der aus Holz gebastelte Stall mit Ochs, Esel und ein bisschen Stroh. Und natürlich die Hirten mit ihren Schafen. Die anderen Figuren bleiben vorerst eingepackt. Maria, Josef und das Christkind kommen erst am Heiligen Abend dazu. Die Könige aus dem Morgenland, haben sogar noch mehr Zeit: Sie bereichern die Szenerie erst nach dem Heiligen Abend.
Die Krippe wird Teil einer Dramaturgie
Auf diese Weise ist die Krippe nicht nur stimmungsvolles Requisit, sondern ein Prozess, der einer Dramaturgie folgt. Und das hat Folgen. Ich selbst werde in diese Szenerie mit einbezogen. Ständig passiert da etwas, die Figuren werden umgestellt, sie wechseln die Perspektive und ich mit ihnen.
Genau dafür ist die Zeit des Advents vorgesehen: Neuanfang ist angesagt, ein Perspektivwechsel, die Überprüfung, wohin ich mich bewege und was ich erwarte. Alles das ist mit der Krippe verbunden.
Aber nicht immer habe ich mich mit der Krippe so leichtgetan. Es gab eine Zeit, da fand ich diese Stall-Idylle in ihrer Beschaulichkeit zu kitschig, theologisch naiv.
Im 18. Jahrhundert kam es zu einem Krippenverbot in den Kirchen
Auch manchen Kirchenleuten ging der Kult um die Krippe zu weit. Das war im 18. Jahrhundert. Da kam es sogar zu Krippenverboten, weil Pfarrer die Seriosität des Gottesdienstes durch das Puppenspiel gefährdet sahen. Den Theologen erschien das Bild vom Stall mit den rührseligen Figuren als zu lächerlich angesichts der ernsthaften Botschaft. So kam es zu den Verboten.
Die Krippetradition wanderte in die Wohnzimmer
Das Ergebnis dieser Kampagnen gegen die Krippe war jedoch unerwartet: Die Krippentradition wanderte aus den Kirchen in die Wohnzimmer. Wo die Amtsträger sie nicht mehr haben wollten, kam sie in die Obhut der Bürger. Und dort wurden sie erst so richtig populär. Schließlich gaben die Kirchen nach, sie beugten sich der volkstümlichen Beliebtheit.
Wenn ich in diesen Tagen die Figuren meiner Krippe aufstelle, bin ich froh, dass ich mich innerlich mit auf den Weg mache mit Maria und Josef. Es hilft mir auch dabei, eine hoffnungsvolle Sicht auf die Welt mit ihren Problemen zu bekommen.