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Barbarazweige
gettyImages/Zhuqin Chen

Barbarazweige

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Am 4. Dezember ging mein Vater immer in den Garten, um Zweige von den Apfelbäumen zu schneiden. Er war Hobby-Gärtner, verbrachte seine Freizeit meistens draußen, inmitten der Blumen und Bäume. Aber über diese Aktion im Dezember waren wir Kinder erstaunt: Was wollte er mit diesen schmucklosen Zweigen? Und warum mussten sie unbedingt am 4. Dezember geschnitten werden?

Barbarazweige müssen am 4. Dezember geschnitten werden

Auf die Fragen reagierte mein Vater geheimnisvoll: Es handele sich um Barbarazweige, sagte er, und die müssten heute geholt werden, damit sie zu Weihnachten in voller Blüte das Wohnzimmer schmücken. Wie die Zweige zu ihrem Namen gekommen sind, und was es mit der Barbara auf sich hat, erzählte er nicht. Vermutlich wusste er das auch gar nicht so genau.

Volkstümliche Bräuche im Advent

Das ist mit volkstümlichen Bräuchen häufig der Fall. Traditionen werden von einer Generation zur nächsten weitergereicht, man übernimmt die Form, aber die Ursprünge geraten allmählich in Vergessenheit. Gerade der Dezember ist voll solcher Adventsbräuche, die diese dunkle Zeit etwas angenehmer machen: Adventskränze, Lichter, Spekulatius und vieles mehr darf einfach nicht fehlen. Und auch die Barbarazweige gehören dazu. Was sie bedeuten, erzählen die Legenden um Barbara.

Die Legenden um die Heilige Barbara

Es handelt sich um Barbara aus Nikomedia, einem historischen Ort in der Nähe von Istanbul. Im 3. Jahrhundert war die Gegend römische Provinz, in der viele Christen lebten. Aber der Kaiser betrachtete Christen als Gefahr und verfolgte sie gnadenlos. Wer am Glauben festhielt, wurde hingerichtet. Dazu gehörte auch Barbara, die sich gegen den Willen der Eltern taufen ließ. Schließlich verhaftete sie der eigene Vater. Die Legende schmückte die grauenhafte Tat noch aus. Man erzählte, auf dem Weg ins Gefängnis hätte sich ihr Gewand in den Zweigen verfangen, und nach ihrer Hinrichtung sollen diese Zweige dann in prächtigen Blüten gestanden haben.

Es gibt zahlreiche Varianten, immer aber wird Barbara als besonders klug, schön und willensstark beschrieben. Und: Sie wurde zum Inbegriff einer Frau, die sich trotz der Verfolgung nicht von ihrem Lebensweg abbringen ließ.

Die Zweige der Barbara sind ein starkes Symbol für Hoffnung

Barbara wurde zu einer Gestalt, die in allen christlichen Kirchen verehrt wird. Auch im evangelischen Kalender ist der 4. Dezember als ihr Gedenktag notiert. Ich finde,  zurecht: Die Zweige der Barbara sind ein starkes Symbol für Hoffnung. Am Anfang wirken sie unscheinbar, wie verdorrt, man kann kaum glauben, dass daraus etwas werden soll. Aber dann, Tag für Tag, lässt sich beobachten, wie Knospen entstehen, zunächst ganz zart, bis schließlich eine Blütenpracht erwächst. Gerade in diesen Tagen voller schreckender Nachrichten brauche ich solche sichtbaren Zeichen der Hoffnung. Barbarazweige gehören deshalb für mich zum Advent, sie begleiten die Zeit, in der mein Glaube wachsen soll, der Glaube an eine Zukunft und ein friedliches Leben.

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