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Menschenfischer
Bild: Falco/Pixabay

Menschenfischer

Dr. Marco Bonacker
Ein Beitrag von Dr. Marco Bonacker, Katholischer Leiter der Abteilung Bildung und Kultur im Bischöflichen Generalvikariat Fulda
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Als wir das laute und quirlige Neapel hinter uns gelassen hatten und in der Bahn in Richtung Sorrent saßen, schauten wir aus dem kleinen Zugabteil auf das Meer, das glatt da lag wie ein Spiegel. Darüber ein stahlblauer Himmel ohne jede Wolke. Der Zug zuckelte gerade durch Torre del Greco und wenig später an Pompei vorbei. Namen wie eine Verheißung. Unser Zwischenziel Sorrent war schnell erreicht und nach einer Übernachtung ging es weiter nach Amalfi. Das war unsere Endstation. Die letzte Strecke fuhren wir mit einem öffentlichen Bus, der eigentlich viel zu groß für die Serpentinen war. Laut hupend machte er sich in jeder Kurve bemerkbar. Es war Februar und die üblichen Touristenströme versiegt. Kein Vergleich zum Sommer, wenn sich Tausende Menschen in den engen Gassen von Capri bis nach Amalfi auf den Füßen stehen. Wir hatten die Stadt also fast für uns.

Am Grab des Hl. Andreas

Ein Studienfreund und ich hatten uns in den Semesterferien von Rom aus auf den Weg gemacht, um ein Stück Süditaliens zu erkunden. Amalfi, unser Ziel hatte zwar kaum 5000 Einwohner, aber natürlich einen Dom – wie so oft in Italien. Das Land zählt immer noch über 220 Bistümer. Immerhin war Amalfi einmal eine begüterte Seerepublik. Die Reise war spontan und unvorbereitet und daher stolperten wir eher zufällig darüber, dass im Dom in Amalfi das Grab des Hl. Andreas zu finden ist. Nun braucht jede Stadt – besonders in Italien – seinen eigenen Heiligen, aber Andreas ist ja nicht irgendwer! Heute lesen wir von seiner Berufung im Tagesevangelium: „Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas; sie warfen gerade ihr Netz in den See, denn sie waren Fischer. Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach.“

Werdet Menschenfischer und folgt mir nach

Tatsächlich ist also Andreas nicht irgendwer. Er gehört zu den zwölf Aposteln, ist zudem noch einer der ersten, den Jesus selbst in seine Nachfolge ruft und ist der Bruder des Petrus. Beide zögerten keine Sekunde und wollten von Fischern zu Menschenfischern werden. Der Überlieferung nach wurde Andreas, der einfache Fischer vom See Genezareth, sogar ein sehr erfolgreicher Menschenfischer: Seine Missionsreisen führten ihn ins Gebiet des Schwarzen Meeres, in die Region des heutigen Georgiens, nach Kurdistan und schließlich nach Griechenland, wo er sich in Patras niederließ. Dort allerdings ereilte ihn um das Jahr 60 das Martyrium. Wie Jesus wurde Andreas gekreuzigt, weil er sich weigerte den heidnischen Göttern zu opfern. Das Andreaskreuz, also ein Diagonalkreuz, finden wir als Symbol auch heute noch an vielen Stellen: etwa in der schottischen Flagge oder mehr noch an allen Bahnübergängen.

Für mich steht der Hl. Andreas als Erstberufener der Apostel für eine ganz wichtige Botschaft des Christentums: Jesus beruft seine Jünger unabhängig von ihrem Bildungsstand und ihrer beruflichen Vorbildung. Jesus beruft einfache Männer aus dem Volk. Heute würde man sagen, die Jünger hatten so was wie street credibility. Hinzu kommt, dass in der Berufung Jesu etwas so Kraftvolles liegt, dass Petrus und Andreas alles stehen und liegen lassen. In ihrer Berufung steckt etwas Unvermitteltes und etwas, das einen so trifft, dass man nicht zögert oder zurückschaut. So unvermittelt, wie wir auch auf den Hl. Andreas in Amalfi getroffen sind.

Der Hl. Andreas als Landespatron und Symbol der Aussöhnung

Wie aber kommt nun der Hl. Andreas ausgerechnet dort hin? Denn sein erstes Grab befand sich in Patras. Seine Gebeine wurden dann aber nach Konstantinopel verlegt – um nicht zu sagen – entwendet, und im Rahmen des vierten Kreuzzugs 1208 nach Amalfi gebracht. Zum Ärger der Ostkirche. Aber es gibt gute Nachrichten: Seit 1964 finden sich nach einer symbolträchtigen Rückgabe wieder Reliquien in Patras. So wurde der Hl. Andreas auch lange nach seinem Tod zum Symbol der Aussöhnung zwischen den Kirchen des Westens und des Ostens. Heute ist sein Gedenktag und Sie können allen gratulieren, die Andreas oder Andrea heißen. Bis in die 80er-Jahre gehörten diese Vornamen zu den beliebtesten in Deutschland. Bestimmt kennen Sie jemanden, an den Sie heute besonders denken können.

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