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Und wieder einmal murren sie!
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Und wieder einmal murren sie!

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Es gibt einen Satz in der Bibel, der meine Aufmerksamkeit erregt. Da heißt es „und das Volk murrte!“ Mag sein, dass mich dieser Satz gerade anspricht, weil zurzeit so viel gemurrt und geklagt wird.

Eine Formulierung, die häufig in der Bibel vorkommt

Tatsächlich kommt diese Formulierung in der Bibel sehr häufig vor. Als Mose sein Volk aus der Sklaverei herausführt, als er sie durch die Wüste geleitet, begehren sie auf. Mal gibt es zu wenig zu essen, oder zu trinken, dann wieder dauert ihnen der Weg in die gelobte Zukunft zu lange, oder sie langweilen sich einfach.

Auch im Neuen Testament wird gemurrt, sogar die Jünger zeigen sich zuweilen verstimmt bis mürrisch. Und immer wieder heißt es: …und das Volk murrte.

Murren: Das verhalten von Menschen, wenn ihnen etwas nicht behagt

Offenbar ist das Murren eine anthropologische Konstante und der geeignete Ausdruck, um das Verhalten von Menschen zu beschreiben, wenn ihnen etwas nicht behagt: Dann hegen sie Groll, verspüren Unmut, grummeln vor sich hin; und überhaupt haben sie einfach schlechte Laune. Dieses Phänomen ist bekannt: Nicht nur als Stimmung eines Mitmenschen, sondern auch als Haltung der Öffentlichkeit; und dann natürlich auch von sich selbst, wenn ich morgens aufstehe und aus unerfindlichen Gründen ein diffuses Grummeln in mir verspüre.

Gott nimmt das Murren einfach hin

Warum aber wird das Murren so häufig in der Bibel erwähnt? Was soll damit gesagt werden? Zunächst fällt auf, dass Gott selbst offenbar gar nicht darauf eingeht. Er nimmt es einfach hin, wenn sein Volk ab und zu rum-murrt. So ein gefühlsmäßiges Aufbegehren ist meistens unangenehm, es nervt die anderen, aber es kommt eben vor, so lästig es auch sein mag. Es zeigt Unbeholfenheit und drückt Unbehagen aus.

Murren ist ein Protest, ein Ausdruck diffusen Unbehagens

Selbst die Jünger Jesu sind gegen solche Missstimmung nicht gefeit. Auch sie murren und Jesus verhält sich eigentümlich zurückhaltend. Wohl weil er die Ursachen sieht: Die Mürrischen haben Angst, nicht mehr vorzukommen, übergangen und vergessen zu werden. Ihr Murren ist ein Protest, ein Ventil. Es ist nicht böse Absicht, eher Ausdruck eines diffusen Unbehagens.

Vielleicht kann mir diese Beobachtung helfen, wenn die mürrischen Stimmungen in meinem Lebensumfeld mir wieder mal zu schaffen machen. Gar nicht gut wäre, es, wenn ich mich davon runterziehen ließe, denn diese Stimmung kann ja anstecken.

Den Mürrischen eine verständnisvolle Gelassenheit entgegensetzen

Stattdessen erinnere ich mich an die Zurückhaltung Gottes; und ich denke an die behutsame Weise, wie Jesus mit seinen mürrischen Jüngern umgeht. Er bleibt bestimmt, winkt ab, aber wird nicht zornig. Dem Murren setzt er eine verständnisvolle Gelassenheit entgehen. Und womöglich überträgt sich seine geduldige Art auch auf andere, die ebenso gelassen reagieren, wenn ich einmal mürrisch werde.

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