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Gottes Stimme in den Träumen
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Gottes Stimme in den Träumen

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Heute vor 125 Jahren erschien ein Buch, das das als eines der bedeutendsten des 20. Jahrhunderts gilt. Sigmund Freud veröffentlichte seine „Traumdeutung“.

Eine Grundlage für die Psychoanalyse

Der Wiener Arzt untersucht darin die Träume der Menschen unter medizinischen Aspekten. Bei der Analyse der Traumwelt entdeckte er die Kategorie, die er als das Unbewusste bezeichnet. In den Träumen, so schreibt er, begegnen wir diesem Unbewussten. Und er beobachtete, wie Verdrängen von Wünschen oder Schuldgefühlen zu krankhaften Entwicklungen führen kann. Damit lieferte er eine Grundlage für die Entwicklung der Psychoanalyse. Die Traumdeutung von Sigmund Freud hatte große Auswirkungen auf unser Menschenbild. Es hat die Medizin geprägt, die Kunst und auch die Religion.

Freud betrachtete Religionen kritisch aber auch interessiert

Freud selbst war in einer jüdischen Familie aufgewachsen, hatte aber zunehmend Abstand zu dieser Tradition gewonnen. Er betrachtete die Religionen, auch die christliche, ebenso kritisch wie interessiert. Speziell bei seinem Interesse an den Träumen inspirierten ihn die Schriften des Alten Testaments.

Traumbeschreibungen im alten Testament

Dort finden sich ausgesprochen viele Traumbeschreibungen. Es sind Geschichten, die noch immer populär sind. Etwa die von Joseph, der von sieben fetten und sieben mageren Kühen träumt und das als Vorzeichen der kommenden Jahre deutet. Oder von Jakob, wie er im Traum eine Leiter sieht, die direkt in den Himmel führt.

In den Träumen der Bibel spricht Gott zu den Menschen

In der Religion galten Träume stets als Erlebnisse, die zwischen Himmel und Erde vermitteln. In den Träumen der Bibel ist es Gott selbst, der zu den Menschen spricht. Im Schlaf gibt er ihnen wichtige Empfehlungen, warnt sie vor schwerwiegenden Fehlern, oder bietet Schutz in Stress-Situationen.

Das Unterbewußtsein verarbeitet im Traum unseren Alltag

Sigmund Freud fand in den biblischen Schriften reichlich Stoff für seine Deutung der Träume. Aber im Gegensatz zu der biblischen Tradition interpretierte er sie nicht als Stimme Gottes und auch nicht als Voraussage, wie etwa bei Josef, dem im Traum die kommenden mageren Jahre angekündigt wurden. Für Freud war die Vergangenheit wichtiger. Für ihn kehren im Traum Erlebnisse zurück, die im Alltag nicht verarbeitet wurden. Das Unterbewusstsein arbeitet – so seine entscheidende Erkenntnis - im Schlaf weiter und genau das erleben wir als Traum.

Die Traumdeutung bei Freud und in der Bibel haben eine Übereinstimmung

Und doch: Die Art und Weise, wie er vom Traum spricht, ist auch durch die Bibel geprägt. Dort fand er ein Vorbild dafür, dass diese geheimnisvollen Erlebnisse aus dem Schlaf überhaupt gedeutet werden können. Und dass diese Geschichten etwas mit dem eigenen Leben zu tun haben: mit Wünschen, Erwartungen oder auch mit frustrierenden Erlebnissen. Die Methode der Traumdeutung sieht bei Freud zwar anders aus als in den biblischen Geschichten. In einem aber treffen sich beide: nämlich in der Überzeugung, dass sich beim Träumen eine Tätigkeit der Seele äußert. Freud ist tatsächlich Seelsorger, wenn er das Unbewusste deutet, um Erlebnisse des Alltags zu verarbeiten. Der Traum ist auf jeden Fall eine Stimme, die zu mir spricht. Möglicherweise wählt Gott ja den Umweg über das Unterbewusstsein.

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