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Immer mehr!
Bild: wal 172619/Pixabay

Immer mehr!

Steffen Flicker
Ein Beitrag von Steffen Flicker, Schulleiter der katholischen Schule Marianum Fulda und Vorsitzender des Katholikenrates im Bistum Fulda
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„Es irrt der Mensch, solang er strebt!“, lässt Goethe seinen berühmten Gelehrten Faust sagen. So fällt die vernichtende Bilanz all seines Dranges nach immer mehr Wissen und immer mehr Erkenntnis aus. Alles unnütz? Es endet also alles Streben letztendlich im Irrtum. Und später kommt Faust im Gespräch mit Wagner, der so sein will wie Faust zu der Schlussfolgerung: „O glücklich, wer noch hoffen kann, aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen.“ – Alles Verlangen nach immer mehr, also alles ein Irrglaube?

Von einem nicht endenden Verlangen handelt auch eine Geschichte von Leo Tolstoi. Darin wird von einem reichen Grundbesitzer erzählt, der einem verarmten Landwirt ein ungeheuer großzügiges Angebot macht. Er darf so viel Land erwerben, wie er in der Zeit zwischen Sonnenaufgang und -untergang zu Fuß ablaufen kann. Er muss dabei nur eine Bedingung erfüllen: Wenn die Sonne untergeht, muss er genau an dem Startpunkt ankommen, an dem er am Morgen seinen Fußmarsch begonnen hat.

Vom „Nicht genug bekommen“

Der Bauer nimmt dieses Angebot sofort an und marschiert am nächsten Morgen voller Tatendrang los. Je länger er unterwegs ist, umso mehr beschäftigt ihn der Gedanke, dass er ja noch viel mehr Land erwerben könnte, wenn er etwas schneller laufen würde.

So läuft er immer schneller und schneller und versucht in einer Art Kreis zu wandern, um auf jeden Fall am Abend wieder an den Punkt zu gelangen, an dem er seine Wanderung begonnen hat. Auf dem Weg entdeckt er noch einen Weiher, den er auch gerne sein Eigen nennen würde. Später findet er noch ein besonders schönes Waldstück sowie einen guten Ackerboden. Alles das gefällt ihm so gut, dass er auch diese Flächen umschreitet, damit sie sein Eigentum werden.

Inzwischen hat die Dämmerung begonnen. Er beeilt sich und schließlich rennt er so schnell er kann Richtung Ausgangspunkt zurück. Allerdings fällt ihm zunehmend das Rennen schwer, er bekommt kaum mehr Luft und ist erschöpft. Mit letzter Kraft erreicht er sein Ziel. Nun also gehört ihm all das Land, das er umwandert hat. Doch in diesem Moment versagen seine Kräfte, er bricht zusammen und stirbt. Traurig endet diese Geschichte, die anfangs so voller Hoffnung und Mut ist. Die Aussicht auf viel Land, auf Wiesen, Äcker und Wälder ist so verlockend, dass der arme Landwirt vergisst, seine Kräfte richtig einzuschätzen.

Höher, schneller, weiter und was kommt dann?

Diese Geschichte erinnert mich an so manches Hasten und Rennen in meinem Leben. Mein Glaube an Gott, dem ich vertraue, kann mir helfen, mich immer zu vergewissern: Wo stehe ich? Wohin gehe ich? Was ist mein Ziel?

Das Verlangen nach immer mehr – kann ins Leere laufen. Da hilft mir die Erfahrung, die schon viele Menschen vor mir gesammelt haben: Weniger ist manchmal mehr – und kann mein Leben heller und reicher machen – auch ohne mehr Besitz zu erlangen.

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