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Geradestehen
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Geradestehen

Gabriele Heppe-Knoche
Ein Beitrag von Gabriele Heppe-Knoche, Evangelische Pfarrerin, Kassel
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Die Yogalehrerin hat uns empfohlen, uns einfach mal mit nackten Füßen in die Wiese zu stellen und uns fest mit der Erde zu verbinden. Gleich morgens bin ich in den Garten gegangen und habe mir einen Platz im Rasen gesucht. Mit bloßen Füssen. Habe mich einfach hingestellt und die Ruhe genossen.

Mit der Erde verbunden

Das Gras ist noch feucht von der Nacht. So werden die Füße angenehm gekühlt. Ich stehe ganz still und sehe mich um. Ich sehe, wie das Licht in den Blättern der Bäume spielt. Sehe auch die Wolken, die sehr schnell über mich hinwegziehen. Es ist Herbst geworden.

Einmal richtig gerade Stehen ändert den Blickwinkel

Wie ich so dastehe, streift mein Blick anders durch den Garten als sonst. Es ist großartig so gerade aufgerichtet zu stehen. Der Rücken, die Wirbelsäule, der Nacken und der Kopf, alles gerade, ohne Druck. Die Arme hängen locker von den Schultern. Das tut gut. Sonst bin ich oft gebeugt unterwegs, der Rücken ist krumm. Im Garten bücke ich mich über die Beete oder krieche zwischen den Sträuchern herum. Am Schreibtisch sitze ich über die Tastatur gebeugt. Beim Kochen beuge ich mich über die Töpfe. Nur selten halte ich mich so gerade wie jetzt.

Der Rücken muss viele Belastungen aushalten

Vielleicht ist deshalb der Rücken bei manchen eine Schwachstelle, weil viele Tätigkeiten gebeugt vonstatten gehen. Das ist nicht gesund und oft schmerzhaft. Dazu gibt es noch viele Belastungen, die einem auf den Schultern und auf der Seele liegen. Sorgen, Ängste. Manchen drückt auch die Verantwortung schwer, wenn eine schwierige Entscheidung ansteht.

Die Geschichte von der gebeugten Frau

In der Bibel wird von einer Frau erzählt, die sich seit vielen Jahren nur noch verkrümmt bewegen kann. Ihr Blick geht immer nur nach unten. Sie kann sich weder aufrichten noch jemanden in die Augen sehen. Als Jesus vorbeikommt, sieht er sie und spricht sie an: „Frau, du bist befreit von deiner Krankheit“.

Jesus richtet sie wieder auf

Diese Worte lösen etwas in ihr. Sie fasst Hoffnung. Jesus nimmt sie bei den Schultern und richtet sie auf. Sie wird wieder ein gerader Mensch, kann anderen ins Gesicht sehen. Sie sieht die Welt auf einmal neu. Auf Augenhöhe. So soll es sein. Gott will Menschen, die andere ansehen können, Menschen, die aufrecht sind.

Die richtige Haltung, um mit Gott ins Gespsräch zu kommen

An diese Geschichte denke ich, als ich da so im Garten aufgerichtet stehe. Vielleicht ist das genau die richtige Haltung, um mit Gott ins Gespräch zu kommen. Ich stehe gerade für mein Leben. Für das, was nicht gelungen ist, wo ich andere enttäuscht und Fehler gemacht habe. Und ich freue mich an dem, was gut gewesen und gut geworden ist. Beides gehört zu meinem Leben. Eine Weile stehe ich noch aufrecht im Gras und genieße die Stille

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