
Mehr Freundlichkeit und Vertrauen
Ich bin seit langem in der Friedensbewegung Pax Christi. Und auch dort sind wir derzeit viel am Diskutieren, wie ein richtiger Umgang mit den kriegerischen Auseinandersetzungen gehen kann. Klar, mit den Kriegen in der Ukraine und in Israel/Palästina, aber auch mit den Kriegssituationen, die weniger präsent sind in den Medien. Und, alles andere wäre ja ein Wunder, wir haben auch keine schnelle Lösung parat. Einig sind wir uns in der Friedensbewegung, dass der Suche nach gewaltfreien Lösungen mehr Zeit und Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Viele hoffen, dass im Verborgenen mehr verhandelt wird, mehr diplomatische Verhandlungen stattfinden, als wir, die Öffentlichkeit, mitbekommen.
Ein Tag zum Nachdenken
Heute ist ein guter Tag, um über gewaltfreie Lösungsansätze nachzudenken, zu sprechen und dafür zu werben, denn der 2. Oktober ist der Tag der Gewaltfreiheit.
Der Gedenktag wurde auf den Geburtstag von Mahatma Ghandi gelegt, der ja ein großer Verfechter von Gewaltfreiheit war. Vor 155 Jahren, im Jahr 1869, ist er geboren.
Liebt eure Feinde!
Mit fällt beim Thema Gewaltfreiheit immer eine Bibelstelle (Lukas-Evangelium 6,27 -36) ein, die ich sehr schwierig und sehr fordernd finde! Vor kurzem wurde sie wieder im katholischen Gottesdienst vorgelesen, vielleicht kennen Sie sie: Da stehen so Sätze wie: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen (Lukas-Evangelium 6,27b). Mhm, frage ich mich: „Kann ich das, ja, will ich das überhaupt?“ Und dann nennt Jesus so Beispiele wie: „Dem, der dich auf die eine Wange schlägt, halte auch die andere hin“ (Lukas-Evangelium 6, 29). Schwierig.
Seid barmherzig
Der zweite Teil der Bibelstelle hilft mir weiter und stimmt mich versöhnlicher. Da sagt Jesus: „Wenn ihr nur denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank erwartet ihr dafür? Das tun auch die Sünder.“ (Lukas-Evangelium 6,33) Wenn ich das höre, fühle ich mich zwar auch ertappt und denke an solche Reflexe wie: „Der hat mir letztes Weihnachten geschrieben, dann sollte ich ihm dieses Weihnachten auch mal schreiben“ Und es ist auch normal, erstmal zu den eigenen Freundinnen und Freunden freundlich zu sein. Aber ich kann mit dem Hinweis etwas anfangen. Und erst recht mit dem Auftrag: „Seid barmherzig, wie es auch eurer Vater ist“ (Lukas-Evangelium 6,36), also Gott.
Mehr Vertrauen, Freundlichkeit und Fairness
Ich würde das so verstehen: Es ist Jesu Auftrag an mich, mehr Vertrauen, Freundlichkeit, Fairness in die Welt zu bringen und nicht nur zu denen, mit denen ich sowieso schon in Freundschaft und Liebe verbunden bin.
Vorschussvertrauen oder Vorschuss-Freundlichkeit sozusagen, auch denen gegenüber, die mir fremd oder vielleicht sogar etwas unsympathisch sind, Und er erinnert mich daran, dass ich genau das ja auch von Gott bekomme, Barmherzigkeit und Liebe, die ich mir nicht vorher verdient habe. Klingt logisch, ein bisschen wie eine Gleichung.
Erste Schritte
Und ich denke mir: Vielleicht freut sich jemand, der griesgrämig erscheint, der selbst keine Grüße schreibt oder bekommt, ja besonders über einen Gruß von mir, und vielleicht nicht erst an Weihnachten. Übertragen auf den großen Frieden, den wir ersehnen, könnte der erste Schritt sein, die anderen nicht als Feinde, sondern erstmal als Menschen zu sehen. Als Menschen mit Würde, die auch am Leben hängen. Dann wird der Hass kleiner und der Schritt aufeinander zu und in Richtung Verhandlungen leichter.