Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Müll sammeln
GettyImages/Zbynek Pospisil

Müll sammeln

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
Beitrag anhören:

Auf einem Spaziergang an der Nidda beobachte ich eine Frau, die auf einer Wiese immer hin- und hergeht. Sie bückt sich mehrfach, als würde sie etwas suchen. Hebt mehrmals etwas Kleines auf und steckt es in eine Tüte. Neugierig komme ich näher und frage, ob sie etwas sucht und ob ich helfen kann.

Nikotin und Mikroplastik im Grundwasser ist gefährlich

„Ich sammle Zigarettenkippen und Kaugummipapier“, sagt die Frau und erklärt weiter: „Ich will nicht, dass Nikotin und Mikroplastik im Grundwasser und in unseren Gewässern sind. Das ist echt gefährlich.“

Es gibt Schöneres, als den Müll anderer Leute einzusammeln

Ich erfahre: Die Frau kommt täglich hierher und sammelt fleißig, seit mehreren Jahren schon. Am Anfang hat sie sich geekelt. Es gibt Schöneres, als den Müll anderer Leute einzusammeln. Die Frau von der Wiese an der Nidda erzählt: „Ich bin schon vieles gefragt worden: „Werden Sie dafür bezahlt? Müssen Sie das tun? Leisten Sie Sozialstunden wegen eines Delikts ab? Warum machen Sie den Dreck anderer Leute weg?“ Zuerst haben sie solche Fragen verletzt, jetzt lächelt sie darüber.

Ein wichtiges Ziel vor Augen

Denn die Frau hat ein wichtiges Ziel vor Augen: die Umwelt vor Plastik und Nikotin zu schützen. Plastik verrottet nicht. Kleinstteile von Plastik sind im Meer, in Flüssen und in Seen zu finden und schaden nicht nur Wassertieren und Pflanzen, sondern am Ende uns selbst.

Ich bewundere diese Frau und viele andere, die regelmäßig Müll sammeln. Es ist eine Arbeit, die nie aufhört. Manche werfen ihren Müll unachtsam weg. Manche verpacken ihren Picknickmüll extra in großen Tüten und stellen sie neben den Mülleimer. Eigentlich gut gemeint. Aber da kommen abends oder nachts Tiere hin und zerreißen und zerwühlen alles, in der Hoffnung, etwas Essbares zu finden.

Müllsammeln ist Sport und Meditation zugleich

Hier im Frankfurter Stadtteil Nied gibt es monatlich feste Tage, an denen mehrere Menschen zusammen Müll sammeln. Eine Bekannte macht immer mit. Ähnlich wie die Frau von der Niddawiese sagt sie: „Müllsammeln ist für mich mittlerweile ein Ersatz fürs Spazierengehen. Wer Müll aufhebt, ist an der frischen Luft, geht spazieren und macht Kniebeugen. Es ist Sport und Meditation gleichzeitig. Hält meinen Körper fit und fördert meine Gesundheit. Es geht mir um Schutz und Bewahrung der guten Schöpfung Gottes.“

Meine Bekannte hat immer eine Tüte und Handschuhe in der Jacke, wenn sie losgeht. Sie kann gar nicht mehr anders, als den Müll einzusammeln, der ihr auffällt.

Sich über andere aufregen hilft nicht weiter

Ich probiere es auch mal. Denn ich rege mich oft darüber auf, an was für Stellen Menschen ihren Müll hinterlassen. Manche entsorgen sogar alte Kühlschränke, alte Autoreifen oder alte Fahrräder im Wald oder in der Nidda. Sich aufregen über andere hilft aber nicht weiter. Besser ich tue selbst etwas und gehe mit gutem Beispiel voran. Ich habe Handschuhe und Plastiktüte zurechtgelegt für den nächsten Spaziergang. Die Welt sieht nach einer Stunde Müllsammeln schöner aus als vorher. Wer kann das schon von einem anderen Hobby sagen?

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren