Abstand gewinnen
Es war wie ein Wink von oben. Eine Einladung, Abstand zu gewinnen zu meinem Alltag. Da schaue ich beim Abwaschen aus dem Küchenfenster und staune nicht schlecht: Über dem Nachbarhaus schwebt ein Heißluftballon. Losgelöst gleitet er am blauen Himmel. Der muss wohl auf den Feldern unweit unserer Straße gestartet sein. Denn er fliegt so tief, dass ich die Leute im Korb erkennen kann. Ich öffne das Fenster. Und wir können uns zuwinken. Dann verschwindet der Ballon über unserem Haus.
Einmal über den Dingen schweben
Das muss schön sein. Einmal über den Dingen zu schweben. Die Welt von oben zu sehen.Und zwar ruhig und majestätisch. So ein Ausflug mit einem Ballon. Den würde ich auch gerne einmal planen. Es tut auch gut, immer mal wieder etwas Abstand zu gewinnen zum Alltag. Aus der Distanz heraus sehen viele Dinge ganz anders aus. Da werden die unangenehmen Seiten des Alltags kleiner und unbedeutender. Abstand gewinnen kann neue Kreativität freisetzen, weil die Perspektive von außen ein neutralerer Blick auf meine Situation ist. Ich kann gelassener werden, wenn ich mir Zeit nehme, meine Rolle zu wechseln und Zuschauer zu werden.
Zuhause Abstand vom Alltag zu gewinnen, ist schwer
Für viele istdie Urlaubszeit Zeit, um Abstand zu gewinnen. Nicht immer klappt das allerdings. „In diesem Jahr gibt es keinen Urlaub in Spanien“ klagt eine Nachbarin, „Ich muss mich um meinen Vater kümmern, der zunehmend dement wird. Und Zuhause fällt es mir schwer, Urlaub zu machen. Da gibt es immer etwas zu tun. Dauernd will jemand was von mir und ich komme selbst auch nicht zur Ruhe.“
Die Startfessel kappen, erst dann kann es losgehen
Zuhause brauche ich also etwas, damit ich mich lösen kann. Wie der Heißluftballon vor meinem Küchenfenster. Wenn der auf dem Weg nach oben startet, muss der Ballonführer, das Seil, das den Ballon auf dem Boden hält lösen, die sogenannte Startfessel. Dann erst beginnt die Ballonfahrt.
Die letzte Sorge in Gottes Hand legen
Wie geht denn das, wenn ich mir Sorgen mache – zum Beispiel um kranke oder pflegebedürftige Angehörige? Als Christ glaube ich, dass Gott im Himmel wohnt. Und mich einlädt, Abstand zu gewinnen. Ich stell mir vor: Gott winkt mir zu, wie die Leute im Korb vom Heißluftballon. Und erinnert mich daran, dass ich immer wieder einmal Pausen brauche. Ich will tun, was ich kann. Besonders dann, wenn es um Menschen geht, die ich liebe und die mir wichtig sind. Aber die letzte Sorge will ich in Gottes Hand legen. Zum Beispiel, indem ich für diesen Menschen bete.
So kann ich mich - jedenfalls manchmal - von der Fessel meines Alltags lösen.