Der Staffellauf für das Leben
„Hallo, Bruderherz, schick mal wieder ein Lebenszeichen! Was macht ihr heute?“ Diese Nachricht habe ich meinem Bruder letzten Sonntag geschickt. Er lebt seit über 20 Jahren mit seiner Frau und den beiden erwachsenen Kindern in Irland, in Wexford im Südosten der Insel. Er antwortet sofort: „Hi, wir sind im Park Charman. Bei einer Veranstaltung der Irischen Krebs-Gesellschaft. Sind viele Leute hier.“
Feiern, erinnern, kämpfen
Das hat mich neugierig gemacht. Denn vor Jahren sind zwei enge Verwandte von uns an Krebs gestorben. Ich habe im Internet geschaut und gelesen: Sie waren beim „Relay for Life“, der „Staffellauf für das Leben“. Das Motto heißt: Feiern, erinnern, kämpfen. Die Teilnehmenden feiern diejenigen, die eine Krebserkrankung überlebt haben. Sie erinnern sich an die, die sie verloren haben. Und sie möchten die Gesellschaft ermutigen, den Kampf gegen den Krebs weiterzuführen. Dabei sammeln sie Spenden: Bei dem Staffellauf gibt es für jede Runde Geld.
Später am Tag sendet mein Bruder Fotos. Mein Neffe, der auf der Bühne steht. Er spielt Bass in einer Band mit Freunden. Ihre Gage spenden sie der Krebs-Gesellschaft.
Die Feier der Hoffnung
Und ein weiteres Foto mit Papiertüten, in denen Teelichte stehen. Sie sind Teil der großen Feier der Hoffnung, die am Abend stattfindet. Dann stehen da Tausende Lichttüten auf einer Wiese in einem großen Kreis um einen Tisch. Alle bemalt und beschriftet, in Erinnerung an einen Menschen, der an Krebs gestorben ist.
Bemalte Papiertüten für die Verstorbenen
Meine Nichte und mein Neffe haben eine Lichttüte für ihre Oma gestaltet, die Schwiegermutter meines Bruders. Haben violette Blumen darauf gemalt, die sie geliebt hat. Und eine weitere Lichttüte für Opa, meinen Vater. Mit einem gemalten Fußball und einem Tor.
Ein geschmückter Tisch mit vielen Erinnerungen
Mir gehen diese Bilder ins Herz. Mein Bruder erzählt mir am nächsten Tag am Telefon mehr von dem geschmückten Tisch auf der Wiese. Er sagt: „Menschen, die auch einen Verwandten durch Krebs verloren haben, schmücken diesen Tisch bei der Feier der Hoffnung. Und erklären, mit welchen Symbolen sie den Tisch schmücken. Alles bedeutet was. Unser Freund Liam stellte einen leeren Stuhl auf. Für den Menschen, der fehlt. Für eine Leerstelle im Herzen.
Jemand stellte Salz in einer kleinen Dose auf den Tisch. Für die vergossenen Tränen in der Zeit von Krankheit und Abschied. Eine weiße Tischdecke ist ein Dank an Ärztinnen und Ärzte, die Krankenschwestern und Pfleger, die Forschenden, die alles tun, um Menschen in ihren Kampf für das Leben zu unterstützen. Die einzelne Rose in einer Vase symbolisiert die Liebe der Hinterbliebenen.“
Ein Himmel mit lila Blumen und Fußball
Wir reden noch ein bisschen über die Zeit, als unser Vater krank war, und wir uns von ihm verabschieden mussten. Erinnern uns daran, wie sich das angefühlt hat. Und plaudern über den Himmel. In dem es violette Blumen gibt. Und Fußball. Unser Gespräch ist wirklich ein Lebenszeichen, im besten Sinn.