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Mit dem Coffeebike auf dem Friedhof
GettyImages/Konoplytska

Mit dem Coffeebike auf dem Friedhof

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt
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Wer an diesem Sonntag den Mainzer Hauptfriedhof besucht, wird überrascht: Am Eingang, gleich neben dem Gebäude der Friedhofsverwaltung, steht ein Coffeebike. Also ein Fahrrad mit einem Vorderbau, auf dem Kaffee angerichtet wird. Daneben stehen Mitarbeitende der Mainzer Hospizgesellschaft. Sie haben das Coffeebike mitgebracht und haben einen Plan: mit den Menschen reden, die an diesem Tag ein Grab auf dem Friedhof aufsuchen.

Über Trauer sprechen fällt oft schwer

Über Trauer sprechen: Das fällt vielen Menschen schwer. Viele sind verunsichert, wenn jemand im Verwandten- oder Freundeskreis um einen geliebten Menschen trauert. Viele haben Berührungsängste, wollen nichts Falsches sagen – und zeigen sich lieber gar nicht.

Umgekehrt wollen Trauernde andere nicht mit ihrem Kummer belasten. Viele tragen ihre Trauer mit sich alleine aus.

Als Trauerbegleiter Freude und Leid teilen

Eine, die das gut kennt, ist Maria Sieben. Sie ist schon länger ehrenamtliche Trauerbegleiterin beim Hospiz. Ihre Motivation beschreibt Maria mit einem Vers aus der Bibel: „Freuet euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden“ (Römerbrief 12,15). Sie möchte mit anderen Menschen Freud und Leid teilen. Zusammen mit anderen bietet sie Trauergruppen an, offene und feste Gesprächskreise. Doch die Hemmschwelle, dorthin zu gehen, ist oft hoch.

Das Coffebike als Einladung

Weint mit den Weinenden. Maria Sieben leitet daraus einen Auftrag ab. Sie will das Thema „Tod und Trauer“ stärker in die Gesellschaft hineintragen. Sie erzählt: „Wir wollten ein mobiles Angebot schaffen. So haben wir die Idee mit dem Coffeebike geboren. Wir wollen mit Trauernden ins Gespräch kommen und über Angebote informieren. Mit einem Kaffee oder einem Wasser. Wir gehen auf den Friedhof - dorthin, wo die Trauer öffentlich ist.“ Soweit Maria Sieben.

Nicht nur Kaffee, auch Zeit

Mit dem mobilen Trauercafé auf dem Friedhof gelingt das gut. Maria und ihre Kolleginnen sind einfach da und schauen, was sich ergibt. Neben dem Kaffee bringen sie Zeit mit und ein offenes Ohr. Für ein längeres Gespräch setzen sie sich gerne auf eine Bank etwas abseits. So ein geschützter Raum kann guttun.

Und sie beobachten, wie Leute, die den Friedhof besuchen, mit der Tasse Kaffee in der Hand miteinander ins Gespräch kommen und sich über ihre Erfahrungen mit der Trauer austauschen.

Begleitung auf dem Trauerweg

Mit dem Coffeebike kommt Leben auf den Friedhof. Es setzt die Hemmschwelle niedrig. Bald werden die Mitarbeitenden auch auf einem anderen Friedhof stehen. Und sie planen weitere ungewöhnliche Vorhaben: „Kochen für Trauernde“ könnte ein Format heißen. Oder eine Wanderung, auf der Trauernde ein Stück ihres Trauerweges miteinander teilen.

Maria Sieben erzählt: „Mir schwebt auch ein Weinabend vor. Im doppelten Sinne. Bei einem Glas Wein ins Gespräch kommen. Da darf dann auch mal geweint werden. Und gelacht.“

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