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Beerdigungskaffee
GettyImages/Goodboy Picture Company

Beerdigungskaffee

Claudia Biester
Ein Beitrag von Claudia Biester, Evangelische Pfarrerin, Bad Homburg
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„Nach der Beerdigung treffen wir uns im Garten des Gemeindehauses, wir wollen Essen, Trinken und das Leben spüren.“ Mit diesem Satz lade ich als Pfarrerin bei der Trauerfeier alle ein, die zur Beerdigung gekommen sind. So wünschen sich das die Angehörigen.

Sich beim Leichenschmaus an den Verstorbenen erinnern

Sie planen einen „Beerdigungskaffee“ oder „Leichenschmaus“, wie es auch manchmal heißt.  In den Dörfern im Taunus, in denen ich Pfarrerin bin, gibt es das oft nach Trauerfeiern. Nach einer Beerdigung gehen die Menschen nicht gleich nach Hause, sondern bleiben noch einige Zeit zusammen und essen und trinken gemeinsam. Am Tisch kommt man ins Gespräch, erinnert sich an den Verstorbenen. Es wird viel erzählt und sogar gelacht.

Der Beerdigungskaffee findet in Dorfgemeinschaftshäusern statt oder in Räumen der Kirchengemeinde. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer kümmern sich darum. Sie decken liebevoll die Tische, schmücken sie mit Blumen und Kerzen. Sie kochen Kaffee, richten Kuchenplatten, sind Gastgeberinnen. Sie begrüßen die Gäste. Die sollen sich wohl fühlen und dort Trost finden, wenn sie vom Friedhof kommen. Eine Helferin hat mir mal erzählt: „Wir machen das schon immer so. Alle sollen von hier gestärkt nach Hause aufbrechen.“

Der Tod gehört zum Leben

So ein Beerdigungskaffee hat etwas Aufmüpfiges. Es zeigt: Wir erkennen an, dass der Tod zum Leben gehört, aber er kriegt uns nicht klein. Wir bleiben standhaft, bieten ihm die Stirn, nicht unser Herz. Mit allen Sinnen spüren wir das Leben. Mit Essen und Trinken, mit Weinen und Lachen. Darum geht es bei dem Brauch. Und alle sind dazu eingeladen. Ja, in manchen Dörfern gibt es sogar die Sitte, Kuchen zu denen nach Hause zu bringen, die sich nicht mehr selbst auf den Weg machen können. Damit auch sie das Leben schmecken und getröstet werden.

Dahinter steckt für mich auch eine alte Verheißung der Bibel. Der Prophet Jesaja beschreibt seine Hoffnung. Er erzählt: Einmal wird es ein Festmahl geben für die ganze Welt. Gott selbst wird einladen und alle werden zusammensitzen. Alle Trauer nimmt Gott dann weg. Und es wird keinen Tod mehr geben und niemand wird mehr weinen. Die Menschen werden essen, trinken und fröhlich sein.

Ein klein wenig von dieser Hoffnung spüre ich schon heute am Tisch bei den Beerdigungskaffees.

Manche mögen es aber lieber privat nach einer Beerdignung

Natürlich verändern sich solche Traditionen. Manche möchten es nach der Beerdigung privat halten. Auch das kann sehr gut passen. Manche sagen dann: „Wir setzten uns zu Hause zusammen.“ oder: „Ich telefoniere danach erst einmal mit meiner Freundin, das haben wir schon ausgemacht.“ Oder einfach auch: „Einmal kurz Luft holen; dann ziehe ich mir etwas anderes an. Dann geht für mich der Alltag weiter und ich gehe wieder an meine Arbeit.“ Auch das sind Pläne, die vom Leben erzählen. Gute Pläne.

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