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Allein mit dir
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Allein mit dir

Dr. Annette Wiesheu
Ein Beitrag von Dr. Annette Wiesheu, Katholische Studienleiterin an der Akademie des Bistums Mainz in Darmstadt
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In diesen Sommerferien werde ich mit jedem meiner beiden Kinder eine kleine Reise machen. Nur zu zweit. Beide Kinder haben sich das unabhängig voneinander gewünscht: Allein, mit der Mama ein paar Tage unterwegs sein. Wir haben das schon einmal gemacht: Mit beiden Kindern habe ich im Abstand von zwei Jahren einen Städtetrip nach London unternommen. Davon sprechen beide immer noch: „Das war so cool, da durfte ich mir so viel aussuchen, was wir machen“, sagt mein Sohn. Und meine Tochter: „Du hast da so viel Zeit für mich gehabt. Außerdem, wenn wir nur zu zweit sind, dann wird auch nicht so viel diskutiert.“

Familienurlaub bedeutet auch: Kompromisse

Und das stimmt. Es ist schön, gemeinsam mit der ganzen Familie in Urlaub zu fahren und etwas zu unternehmen. Aber dann müssen eben auch immer verschiedene Interessen unter einen Hut gebracht werden; und auch, wenn wir uns bemühen, jedem einigermaßen gerecht zu werden: Meist muss sich doch jemand zurücknehmen oder bei einem Wunsch Abstriche machen.

Meine Wünsche zählen, ich allein bin jetzt wichtig

Anders ist es, wenn ich nur mit einem Kind unterwegs bin. Sich nur zu zweit zu einigen, ist von vornherein einfacher, und bei unseren Trips nach London war auch klar: Es ist die Reise der Kinder, ihre Wünsche haben einmal Vorrang. Und sie haben die Mama für sich allein. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum die Kinder die Reisen zu zweit so besonders schön finden: Da geht es einmal nur um sie, da bekommen sie viel Aufmerksamkeit, da stehen sie allein im Mittelpunkt. Sicherlich: Es gehört dazu, sich in eine Familie, in eine Gruppe einzufügen, zu lernen, sich zu einigen oder auch einmal auf einen Wunsch zu verzichten. Aber ich finde, Kinder brauchen auch die Erfahrung: Meine Wünsche zählen, ich allein bin jetzt wichtig, ich bin einmal die Nummer eins bei dir. Und ich glaube, das gilt nicht nur für Kinder: Wahrscheinlich braucht jeder Mensch immer wieder diese Erfahrung: Da wendet sich mir jemand ganz intensiv zu, da geht jemand auf mich und meine Wünsche ein, da gibt mir jemand das Gefühl: Ich bin für dich da und jetzt einmal nur für dich.

Ferien sind dazu da, sich Zeit zu nehmen

Auch ich genieße übrigens die kurzen Reisen zu zweit sehr. Sich fern vom Alltag einem Kind allein widmen zu können, ist auch für mich besonders schön. Zu zweit unterwegs sein und viel Zeit zusammen verbringen, das schafft eine besondere Nähe. Ich freue mich auf die Ferien und ich finde: Genau dazu sind die Ferien auch da: Sich Zeit zu nehmen für Menschen, die einem nahe sind, und sie spüren zu lassen: Heute bist nur du wichtig für mich.

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