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Es ist nichts falsch an dir
GettyImages/Igor Alecsander

Es ist nichts falsch an dir

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Emma ist 18 Jahre alt und hat das Down Syndrom. Sie steht mit ihrer Tanzgruppe „unity“ auf einer großen Bühne bei der Talentshow „Britain‘s Got Talent“.

Letzten Sommer war das. Die jungen Menschen sind schwarz gekleidet und haben eine tolle Choreographie vorbereitet, auch mit solistischen Tanzeinlagen und Saltos. Sie kennen sich vom College und sind sehr verschieden: schlanke große Tänzerinnen und Tänzer sind dabei, genauso wie kleinere korpulente.

"Doch, ich kann!"

Was mich viel mehr bewegt als der Tanz, sind die kurzen Statements von einzelnen über ihr Leben. Zuerst berichtet Emma, die Tänzerin mit Down-Syndrom, davon, wie viele von außen ihr sagen „Das kannst du nicht, das schaffst du nicht!“ Trotzig sagt sie am Ende: „Doch, ich kann.“

Dann folgt ein junger Mann mit weiblichen Zügen, geschminkten Augen, Lippenstift und langen Haaren. Er sagt: „Ich durchbreche die Geschlechterrollen. Menschen starren mich an. Sie versuchen, mich festzulegen. Sie behaupten, ich kann nicht so sein, wie ich bin. Doch, ich kann.“

Nach ihm reden zwei Frauen, die sich lieben und deshalb ausgegrenzt werden. Und ein junger Mann, der es liebt zu tanzen und deswegen gemobbt wird. Zum Schluss tritt Kiera auf, eine junge füllige Frau. Sie erzählt: „Sie sagen mir: „Wenn du nicht abnimmst, wirst du nie Erfolg haben. Du bist nicht gut genug. So kannst du es nicht schaffen.“ Doch, ich kann!“

"Es ist nichts falsch mit dir, es ist nur etwas falsch mit diesem Dorf"

Während der Tanzeinlagen läuft das Lied „The Village - das Dorf“, über einen Trans-Mann, den keiner im Dorf versteht. Der Refrain: „Es ist nichts falsch mit dir, es ist nur etwas falsch mit diesem Dorf“, mit dieser Gesellschaft.

Viele Zuschauer haben Tränen in den Augen, und auch die Jury ist beeindruckt. Diese jungen Menschen vereint das Gefühl, anders zu sein, nicht gewollt zu sein, falsch zu sein. Doch sie wollen und sie müssen den eigenen Weg gegen viele Widerstände durchsetzen.

Viele junge Menschen fühlen sich nicht wertgeschätzt

Ich erlebe in meinem Lebensumfeld gerade viele junge Menschen, die dieses Lebensgefühl teilen: „Ich passe nicht ins Bewertungssystem dieser Gesellschaft oder in das System Schule, ich gehöre nicht dazu, ich bin anders.“ Und ich erfahre, wie dankbar sie sind, wenn sie irgendwo andocken können, wenn sie als Persönlichkeit dann doch irgendwo wertgeschätzt werden.

In jedem Menschen steckt im Kern ein Wunderwerk Gottes

„Ich bin nicht falsch, ich bin wunderbar!“ Dieses Lebensgefühl versuche ich selbst zu leben und an andere zu verschenken. In jedem Menschen steckt im Kern ein Wunderwerk Gottes. In mir selbst auch. So wie es ein Beter oder eine Beterin in der Bibel sagt:

„Ich danke dir dafür, Gott, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke, das erkennt meine Seele!“ (Psalm 139,14)

Unterschiede sind gewollt, sie sind Teil der Schöpfung Gottes

Die Botschaft der jungen Tanzgruppe wird am Ende der Show noch einmal zusammengefasst: „Unterschiede machen Angst. Aber es sind nicht unsere Unterschiede, die uns trennen. Es ist unsere Unfähigkeit, diese Unterschiede anzuerkennen, anzunehmen, zu umarmen und zu feiern.“ Ich lerne aus der Bibel: Unterschiede sind gewollt, sie sind Teil der Schöpfung Gottes.

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