![Bild: WaltiGoehner_pixabay Der Gedenktag des heiligen Nepomuk](/fileadmin/_processed_/9/8/csm_Nepomuk_WaltiGoehner-396692_1280_pixabay_e85abc6342.jpg)
Der Gedenktag des heiligen Nepomuk
Auf manchen Brücken steht die Statue eines Mannes. Berühmt ist die Karlsbrücke in Prag mit der Figur von Johannes Nepomuk, der in der katholischen Kirche als der Brückenheilige gilt. Der heutige 16. Mai ist sein Gedenktag.
Auf Befehl des Königs von der Prager Karlsbrücke gestürzt
Eine Legende erzählt, wie Nepomuk auf Befehl des Königs Wenzel IV. im 14. Jahrhundert von der Prager Karlsbrücke in die Moldau gestürzt wurde und dabei ums Leben kam. Er soll sich geweigert haben, das Beichtgeheimnis preiszugeben, denn der eifersüchtige König hat angeblich von ihm wissen wollen, was die Königin ihm als ihrem geistlichen Berater in der Beichte anvertraut hatte. Johannes Nepomuk schwieg beharrlich. Auch unter dem Druck der Folter hat er sich nicht zu irgendwelchen Indiskretionen hinreißen lassen.
Machtfragen und wirtschaftliche Konflikte
Es gibt andere, historischere Lesarten. Sie stehen im Zusammenhang mit Machtfragen und mit wirtschaftlichen Konflikten zwischen König Wenzel und dem damaligen Erzbischof von Prag. Johannes Nepomuk hat als Pfarrer und Kirchenrechtler in den Diensten dieses Erzbischofs gestanden und dessen Ansprüche gegen die Krone vertreten. Weil der Erzbischof während des Konflikts mit dem König geflohen war, wurde Johannes Nepomuk an seiner Stelle festgesetzt und schließlich wegen seiner loyalen Haltung gegenüber seinem Vorgesetzten umgebracht.
Ich habe geschwiegen – lateinisch: tacui
Die Statuen auf Brücken zeigen meistens einen kurzbärtigen Kleriker mit Kreuz, manchmal mit einem Finger vor dem Mund zum Zeichen des Beichtgeheimnisses und mit einem Kranz aus fünf Flammen um den Kopf. Die sollen auf die fünf Buchstaben des lateinischen Wortes „tacui“ hinweisen, auf Deutsch: Ich habe geschwiegen.
Wann rede ich und wann ist es besser zu schweigen?
Auch heute noch können sich z.B. Geistliche und andere Berufe auf ihre Pflicht zur Verschwiegenheit berufen, wenn sie in einem Prozess vor Gericht aussagen sollen. Diskretion übersetzt man meistens mit Vertraulichkeit. Es ist aber noch viel mehr. Das lateinische Wort discretio bezeichnet ursprünglich die Fähigkeit, etwas unterscheidend wahrzunehmen. Discretio ist die Gabe der Differenzierung. Wann muss ich informieren, wann ist es besser zu schweigen? Wann ist Kritik angebracht? Ab wann ist man ein Whistleblower? Diskretion in diesem erweiterten Sinn ist eine gute Grundlage für ein verantwortungsvolles Miteinander. Deswegen hat der Gründer des Benediktinerordens, Benedikt von Nursia einmal gesagt: „Diskretion ist die Mutter aller Tugenden“.
Er wäre ein gutes Vorbild für Umgangsformen im Internet
Was mich heute an Johannes Nepomuk interessiert, ist diese Tugend. Sie ist nötiger denn je. Man muss sich nur einmal anschauen, was sich so alles ohne Rücksicht auf Verluste in den sozialen Netzwerken austobt. Eine aktuelle Untersuchung hat ergeben, dass 50 Prozent aller befragten User Hasskommentaren ausgesetzt waren. Denn die Grenzen zwischen intim und öffentlich, Scham und Schande sind schon längst verschwommen. Im Netz braucht es wirklich andere Umgangsformen. Eine neue Netikette. Johannes Nepomuk ist das Urbild für Anstand und Diskretion. Ich finde: Er wäre auch ein ganz guter Schutzpatron fürs Internet.