Tiere als Mitgeschöpfe
Diese Sätze, die ich da im Internet lese, hören sich an, als kämen sie von einem Paartherapeuten: „Sie oder er sollte für dich höchste Priorität haben. Lass den Charakter, die Persönlichkeit hervortreten. Es geht darum, dass ihr miteinander Zeit verbringt und euch näher kommt. Kann dein Partner länger stillsitzen und trotzdem bei guter Laune bleiben?“
Tiere, die abgerichtet werden fürs Fotoshooting
Aber es geht bei diesen Sätzen gar nicht um ein zärtliches Rendezvous. Nein, es geht um Menschen und Tiere. Wer seinen tierischen Liebling ins soziale Netz stellen will, soll sich solche Gedanken machen. So wird es empfohlen. Denn ihre Tiere – pets - sollen bei Fotoshootings posieren. Dafür werden sie abgerichtet, kosmetisch bearbeitet, mit Requisiten ausgestattet und vor einem stimmungsvollen Hintergrund abgelichtet. Schäferhunde gucken heldisch in die Linse, Katzen balgen sich lustig. Das Foto soll ihre Persönlichkeit erst so richtig rausbringen. Und zwar nach Menschenart - viele finden das süß. Mir kommt das ehrlich gesagt, ziemlich seltsam vor.
"Petfluencer" sind scheinbar ein lukratives Geschäftsmodell
Wenn genügend Interessenten die Fotos „liken“, werden aus Hund, Katze, Hamster und anderen tierischen Hausgenossen „Petfluencer“. „Petfluencen“ - das Wort war mir neu - ist ein Geschäftsmodell, mit dem sich viel Geld verdienen lässt, zumal wenn ein „productplacement“, also Werbung, damit verbunden ist. Ich habe von einem Pekinesen gelesen, der seiner Besitzerin damit rund 155.000 Euro eingebracht hat. Ich finde: Da ist das Ende von spielerischer Dressur erreicht.
Mensch und Haustier können wichtige, hilfreiche Verbindungen eingehen
Natürlich stimmt es einerseits: Mensch und Haustier können eine wichtige Verbindung eingehen. Blindenhunde helfen Sehbehinderten, Suchhunde spüren Vermisste auf, Schulhunde beruhigen ausrastende Kinder, Wanderungen mit Alpakas wirken entschleunigend. Wie hat schon Loriot gesagt: Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos. Tierische Hausgenossen sorgen für gute Laune. Wer tierische Helfer ausbildet, weiß genau, welche Herausforderungen und Aufgaben artgerecht sind. Aber ob es den Tieren gut tut, wenn sie auch noch im Internet für Geld posieren sollen? Das weiß ich nicht.
Ein Tier soll ein Tier bleiben dürfen
Ein Tier soll ein Tier bleiben dürfen. Erstmal ist es das individuelle Lebewesen mit Namen und Charakter. Dann ist es ein Vertreter seiner Gattung: Säugetier, Vogel, Fisch. Und darüber hinaus ist es, biblisch gesprochen, ein Mitgeschöpf.
In der biblischen Schöpfung haben alle Lebewesen ihren Platz
Die Bibel ist nicht nur auf den Menschen fixiert, wie man manchmal hören kann. Sie hat ein Herz für Tiere. Sie erzählt von einer Schöpfung, in der alle Lebewesen ihren Platz haben. In der märchenhaften biblischen Geschichte von Noahs Arche werden alle Tiere paarweise aufgenommen und vor der Sintflut gerettet; und Gott schließt seinen Bund danach nicht nur mit den Menschen, sondern mit allen Lebewesen, auch also mit den Tieren (Gen 8, 15-19).
Das Sein der Tiere hat Vorrang vor dem Nützlichsein
Tiere werden vom Menschen vielfältig genutzt und ausgenutzt. Manchmal sind sie eine Projektionsfläche für menschliche Wünsche oder Defizite. In einer großen Wochenzeitung gibt es Tierphotos mit dem Untertitel: Du siehst so aus, wie ich mich fühle. Ich finde das auch lustig. Aber Tiere sind kein Menschenersatz. Ich erinnere mich an ein kluges Wort von Papst Franziskus. Der hat gesagt: Der letzte Zweck der Tiere sind nicht wir. Ihr Sein hat Vorrang vor dem Nützlichsein.