Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Mitarbeiterinnen Gottes
Bild: Pixabay

Mitarbeiterinnen Gottes

Martina Patenge
Ein Beitrag von Martina Patenge, Katholische Referentin für Glaubensvertiefung und Spiritualität, Kardinal-Volk-Haus Bingen
Beitrag anhören:

Zwei schwangere Frauen – und ein Mann, dem es die Sprache verschlagen hat. So fängt die Geschichte von Jesus an, beim Evangelisten Lukas. Da ist Elisabet, eine ältere Frau, verheiratet mit einem Tempelpriester. Jahrelang kinderlos und nun plötzlich doch noch schwanger geworden. Die andere Frau ist Maria, noch ganz jung. Verlobt mit dem Handwerker Josef, auch sie erwartet völlig überraschend ein Kind, dem sie später den Namen Jesus geben wird. Elisabet und Maria, zwei schwangere Frauen, zweimal besondere Umstände. 

Sie suchen untereinander Kontakt

Erst einmal geschieht das, was bei schwangeren Frauen meistens geschieht: Sie suchen untereinander Kontakt. So erzählt es der Evangelist Lukas. Denn Schwangere brauchen andere Schwangere. Sie müssen sich gegenseitig unterstützen. Die junge Frau wandert also den weiten Weg zu ihrer älteren Cousine Elisabet. Maria wird bleiben, bis Elisabets Baby zur Welt kommt. Wird ihr helfen und eine Menge für die eigene Schwangerschaft und Geburt lernen. 

"Guter Hoffnung sein"

Schwanger sein ist ein besonderer Zustand – früher sagte man auch „guter Hoffnung“ dazu. Klingt vielleicht ein bisschen altmodisch – aber es stimmt doch:  eine schwangere Frau ist doch meistens der guten Hoffnung, dass das Kind in ihrem Leib sich gut entwickelt und auch gut zur Welt kommen wird. Eltern hoffen mit ihrem Kind auf Leben und Zukunft. Denn einerseits bekommen Frauen seit Jahrtausenden Kinder. Das ist einfach normal. Und andererseits ist jedes Kind ein Wunder. Wie es sich entwickelt im Mutterleib und wenn es erst auf der Welt ist, das ist so großartig!  Mit jedem Kind wird auch die Hoffnung geboren, dass es seinen Platz in der Welt finden wird. Für diesen Johannes sollte es ein ganz besonderer Platz sein in dieser Welt, und noch viel mehr für Jesus. 

Musik 1: JohannesEccard, "Übers Gebirg" (Palestrina Motettenchor Tegernsee). 

Der Blick zurück - keine schlechte Idee

Die irdische Geschichte von Jesus beginnt wie bei jedem Menschen mit Empfängnis, Schwangerschaft und der Geburt. Diese Geburt feiern wir in den christlichen Religionen bereits übermorgen. Aber so kurz vorher, heute am vierten Advent, wird noch einmal an die Schwangerschaft der Maria erinnert. Und an die freudige Begegnung mit ihrer Cousine Elisabet, die ebenfalls ein Kind erwartet hat. Dieser Blick zurück ist gar keine schlechte Idee – weil dadurch betont wird: Dieser Jesus hat eine besondere Bedeutung. Von Anfang an. Auch wenn er wie jeder andere als Baby zur Welt kommt, Kindheit, Pubertät und viele Jahre seines Erwachsenenlebens durchläuft, ohne dass ihn jemand kennt. Vermutlich hat Jesus seine besondere Bedeutung auch selbst lange nicht geahnt. Er hat gelebt, gearbeitet, die Thora studiert – und irgendwann relativ spät in seinem Leben erst erkannt: Das ist noch nicht alles. Gott braucht mich als besonderen Mitarbeiter. Und von dem Tag an veränderte sich sein Leben komplett. 

Die große Aufgabe vom Heil Gottes zu sprechen

Der Evangelist Lukas will aber zeigen: das war von Anfang an so vorgesehen. Und deshalb erzählt er es so, dass das jeder damals verstanden hat. Und es gibt ja noch einen anderen, der ebenfalls wichtig ist: Johannes. Jesus und Johannes gehören zusammen. Beide werden – wenn auch sehr verschieden - als Erwachsene die sehr große Aufgabe haben, vom Heil Gottes zu sprechen. 

Und so gestaltet der Evangelist Lukas den heiligen Moment, wie sich die beiden werdenden Mütter begegnen: „Maria machte sich auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. Und es geschah, als Elisabet den Gruß hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.“ (Lk 1,39 - 41) 

Musik 2: Josef GabrielRheinberger, "Ave Maria" op. 176/9 (Rastatter Vokalensemble). 

Ein interessanter Mensch

Das Evangelium nach Lukas, das heute in den katholischen Gottesdiensten gelesen wird, erzählt die Begegnung von zwei schwangeren Frauen: Von Maria, die Jesus zur Welt bringen wird – und ihrer älteren Cousine Elisabet, die mit Johannes schwanger ist. Der wird viele Jahre später als Prophet die Leute auf Jesus vorbereiten. Ein interessanter Mensch: 

Die Geburt eines besonderen Kindes 

Johannes ist das Kind des Tempelpriesters Zacharias und seiner Frau Elisabet. Üblicherweise würde er nach seinem Vater benannt werden. Aber ein Engel verheißt dem Zacharias die Geburt eines sehr besonderen Kindes – dem zukünftigen Propheten, der einmal mit großem Geist und viel Kraft viele Menschen zu Gott führen und ihnen den gnädigen Gott zeigen wird. Und deshalb soll das Kind Johannes, auf Hebräisch Jochanaan heißen, „Gott ist gnädig“.  Dem Zacharias verschlägt das erst mal die Sprache. Was für eine Zukunft wird dieses Kind haben, das ja noch nicht mal geboren ist! Und schon angekündigt als Prophet der Gnade Gottes. 

Er wird „stark im Geist“

Jochanaan-Johannes wird nach einer langen Lehrzeit in der Wüste tatsächlich Prediger und Prophet. Er wird „stark im Geist“, heißt es in der Bibel. Die Zeitgenossen nehmen ihn wahr als struppige Gestalt; ein Asket, der aus der Wüste kommt, heißt es. Mit Haut und Haaren lebt er seine Berufung – und beginnt, unzählige Menschen zu taufen. 

„Taucht unter im Jordan“, ermutigt Johannes sie – „taucht unter, dann sind Eure Sünden abgewaschen und ihr seid frei für einen Neuanfang. Denn bald wird euer Erlöser kommen. 

 

"Bringt euer Leben in Ordnung"

Bringt euer Leben in Ordnung. Glaubt an Gott. Teilt euren Besitz, lasst niemanden hungern“. Und den Soldaten, für die es normal war, andere grausam zu behandeln, sagt er: „Misshandelt niemanden, erpresst niemanden, begnügt euch mit eurem Sold“ (Lk 3, 13). Für die Menschen im damaligen Israel, die unter der römischen Besatzung gelitten haben, muss dieser Jochanaan wie ein Erlöser gewirkt haben, nach dem sie sich all die Jahrzehnte gesehnt haben. Aber das weist er von sich: „Ich bin es nicht. Der Retter kommt nach mir.“  

 

Er zieht für seinen Gott umher

Und es geschieht das Unvorstellbare: auch der bislang unbekannte Handwerker Jesus geht zur Taufe an den Jordan. Dort erlebt er seine Berufung. Auf einmal erfüllt vom Geist Gottes – wird in seinem Leben alles anders. Ab jetzt wird er sich auf den Weg machen und für seinen Gott umherziehen, predigen, heilen, Überzeugungsarbeit leisten, eingerosteten Strukturen und unmenschlichen Verhaltensweisen den Kampf ansagen. Und er wird seinem Namen alle Ehre machen: Jesus, Jeshua, Gott heilt. 

Musik 3: Max Reger, „Maria am Rosenstrauch“ op. 43,3 (CD: Romantische Weihnacht, Mainzer Kammerorchester, Organophon, 1:48 min). 

Der Evangelist Lukas findet ein sehr schönes Bild dafür, wie sich die zwei werdenden Mütter begegnen, die so außergewöhnliche Kinder in sich tragen. „Gesegnet bist du unter den Frauen“, sagt die eine, Elisabet, zu Maria, „und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Und selig, die geglaubt hat, was der Herr ihr sagen ließ.“ (Lk 1, 43.44) 

Was für ein wunderschöner Gedanke

Was für ein schönes Bild – wenn das Kind im Bauch der Elisabet vor Freude hüpft. Was für ein wunderschöner Gedanke, wenn Elisabet in diesem Moment erkennt: Hier steht „die Mutter meines Herrn“ und sie weist darauf hin, dass Maria den Sohn Gottes in sich trägt. Die beiden Frauen sind wichtige Mitarbeiterinnen Gottes. Nur durch ihre Mithilfe kommen Johannes und Jesus zur Welt. Und die beiden Mütter tun, was alle Mütter tun: Zur Welt bringen, erziehen und ins Leben begleiten. Vermutlich haben sie auch alles erlebt, was Eltern so erleben: haben manchmal Angst um ihre Kinder gehabt, sich oft gefreut, sind nachts aufgestanden, haben gewartet oder gedrängelt, sich vermutlich auch öfter geärgert, ihnen Werte vorgelebt und einen Blick auf die Welt vermittelt, selbst auch Fehler gemacht und andere um Rat gefragt – die ganze Menge an Gefühlen, Nöten und Freuden, die Eltern eben so haben mit ihren Kindern. Und damals vor allem die Frauen, weil Kindererziehung ausdrücklich ihre Aufgabe war. So hat Elisabet ihren Sohn Johannes ins Leben begleitet und ihn geprägt. Und Maria ihren Sohn Jesus. 

Zwei außergewöhnliche Persönlichkeiten

Ich frage mich: was haben Maria und Elisabet ihren Kindern mitgegeben, dass diese beiden solche außergewöhnlichen Persönlichkeiten werden konnten? Dass Johannes ein Asket wurde, der die Menschen zum Zeichen ihrer Umkehr getauft und so neu zu Gott geführt hat. Dass Jesus ein Rabbi, Heiler und Menschenfreund wurde, über den andere sagten: er ist Gottes Sohn – aufgrund seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten und seiner Beziehung zu Gott. 

Und ich frage mich noch etwas: Wie geht es einer Mutter, deren Sohn so viel Aufruhr erzeugt und eigentlich ständig in Gefahr ist. Der nicht wirklich ein ordentliches Leben führt und dauernd Schlagzeilen produziert. Wie ging es Elisabet mit ihrem erwachsenen Sohn Johannes, wie ging es Maria mit dem erwachsenen Jesus? Beide Söhne leben unkonventionell. Beide leben aus ihrer besonderen Beziehung zu Gott. Beide werden einen gewaltsamen Tod sterben. 

Das verändert auch ihre Lebensgeschichte

Da im Bergland von Galiläa, wo sich die beiden Schwangeren umarmen, wissen die noch nicht, was ihnen blühen wird. Was sie wirklich mit ihren Kindern erleben werden, welches Schicksal auf Johannes wartet und welches auf Jesus und was sie als Mütter werden ertragen müssen. Aber sie spüren, dass sie zu Mitarbeiterinnen Gottes geworden sind. Und das verändert auch ihre Lebensgeschichte. 

Musik 4: „Maria durch ein Dornwald ging“ (CD: Wie schön leuchtet der Morgenstern, Lautten Compagney Wolfgang Katschmer, deutsche harmonia mundi, 2:42 min).  

Mit ihnen beginnt eine neue Zeitrechnung

In der Bibel im Lukasevangelium wird beschrieben, wie die beiden schwangeren Frauen Elisabet und Maria sich voller Freude begegnen. Sie freuen sich über das Wiedersehen. Und sie sind beide sehr überrascht darüber, dass sie auserwählt sind als Gottes Mitarbeiterinnen. Auserwählt, die beiden großen Menschen zur Welt zu bringen, mit denen im christlichen Verständnis eine neue Zeitrechnung beginnt – mit dem Täufer Johannes, der auf Jesus hinweist und aufmerksam macht. Und mit Jesus selbst. 

Es besingt die Hoffnung auf Frieden 

Kein Wunder, dass seine Mutter in Erwartung dieser besonderen Geburt überfließt vor Freude und ein großes Loblied singt. Es besingt die Hoffnung auf Frieden, auf ein Ende aller Not, auf Gerechtigkeit, die mit der Geburt von Jesus beginnen wird. Von diesem Frieden und dem Ende aller Not sind wir immer noch sehr weit entfernt. Wenn es doch nur schon so wäre, denke ich bei jeder Zeile. Und werde genau deshalb nie aufhören, darauf zu vertrauen, dass mit Gottes Hilfe und dem Einsatz vieler Menschen diese Welt sich verändert.

Und so klingt das Danklied der Maria:

Meine Seele preist die Größe des Herrn,

und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.

Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.

Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.

Denn der Mächtige hat Großes an mir getan

und sein Name ist heilig.

Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht

über alle, die ihn fürchten.

Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten:

Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind;

er stürzt die Mächtigen vom Thron

und erhöht die Niedrigen.

Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben

und lässt die Reichen leer ausgehen.

Er nimmt sich seines Knechtes Israel an

und denkt an sein Erbarmen,

das er unseren Vätern verheißen hat,

Abraham und seinen Nachkommen auf ewig. (Lk 1, 46-56) 

 

Musik 5: Claudio Monteverdi, „Magnificat“ aus der Marienvesper (CD: Vespro della Beata Vergine, Stuttgarter Kammerchor, Frieder Bernius).

(Musikauswahl: Thomas Drescher, Mainz)

                                                                                                                                                                                                                                                                              

                                                                                                                                         

 

 

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren