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Überraschungen im Advent
In diesem Jahr passt es: Der 1. Advent fällt auf den 1. Dezember. Adventkalender, die Adventszeit und das neue Kirchenjahr starten miteinander, heute!
Heute das erste Türchen am Adventskalender öffnen
Wer einen Adventskalender hat, öffnet das erste Türchen mit der kleinen Überraschung am Morgen. Manchmal ist sie aus Schokolade, manchmal sind es Teebeutel, Bilder oder kleine Spielsachen. Adventskalender gibt es nicht nur für Kinder sondern auch für Erwachsene und sogar für Haustiere. Die 24 Tage bis Weihnachten sind besonders. Darum geht es bei den Türchen der Kalender.
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit..."
In den Gottesdiensten heute singen die Menschen von größeren Toren und Türen: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“, heißt ein Adventslied, das vielen vertraut ist. „Macht hoch, die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr, der Herrlichkeit.“. Auf den ersten Blick keine Überraschung. Vieles scheint schon klar: Alle Jahre wieder vertraute Rituale, alte Lieder und die Gewissheit: Weihnachten kommt in 24 Tagen. Und bis dahin gibt es für manche noch viel zu tun und viel zu erledigen. Für andere ist diese Zeit eher besinnlich und ruhig.
Heute weihnachtet es schon ziemlich in der Adventszeit und am am zweiten Weihnachtstag ist dann Schluss
Viele Leute warten heute anders auf Weihnachten. Sie stellen den Weihnachtsbaum früher auf, als Dekoration in der dunklen Jahreszeit – oder als Wunsch, Weihnachten soll möglichst lange dauern. Es weihnachtet schon ziemlich die Adventszeit über auf Weihnachtsmärkten und Weihnachtsfeiern, mit Weihnachtsdeko und Weihnachtsplätzchen. Ich kenne einige, denen hängt am Ende der Adventszeit das Weihnachtliche schon zum Hals raus, sodass sie direkt nach dem 2. Weihnachtsfeiertag den Baum und die Deko entsorgen.
Die Adventszeit sollte eine Zeit der Vorfreude sein
Gedacht ist die Adventszeit als Zeit der Vorfreude. Eine Zeit, zu warten. Auf Jesus zu warten. Seine Geburt feiern Christen an Weihnachten. Sie freuen sich auf diese Zeitenwende. Sie glauben: Mit Jesus macht Gott den Menschen ein besonderes Angebot, ein besonderes Geschenk. Deshalb singen die Engel an Weihnachten: „Gottes Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe! Sein Friede kommt auf die Erde zu den Menschen, denen er sich in Liebe zuwendet.“ (Basisbilbel Lukas 2,14) Das ist ja eigentlich kaum zu glauben.
Aber ich will neugierig bleiben und deshalb die Adventszeit bewusst erleben. Ich will Neues entdecken alle Jahre wieder. Will offen sein für Überraschungen.
In diesem Jahr habe ich sie gefunden, die biblische Geschichte, die mir den Sinn der Advents- und Weihnachtszeit neu erschlossen hat. Eine echte Überraschung für den 1. Advent: Ein Mann erwartet Jesus. Diese Zeit der Erwartung, seinen Advent, verbringt der Mann auf einem Baum. Was dieser Mann von Jesus erwartet, weiß er selber noch nicht. Aber wir erfahren mehr gleich nach der Musik. Sie will uns einstimmen auf den Advent.
Musik 1: Macht hoch die Tür
Zachäus, der Zöllner, ist auf einen Baum geklettert und wartet
Der Mann ist auf einen Baum am Straßenrand geklettert. Ich stelle mir vor, mit etwas Mühe. Peinlich genau hat er vermutlich darauf geachtet, dass ihn niemand dabei beobachtet. Und nun sitzt er in einer Astgabel und wartet. Die biblische Geschichte erzählt seinen Namen: Zachäus. Und nennt seinen Beruf: Zöllner. Oberzöllner sogar. Das macht klar, dass dieser Mann erfolgreich war. Er hatte Karriere gemacht und war inzwischen ein wohlhabender Mann. Seine Geschäfte waren nicht immer ganz sauber, aber es war üblich in der Branche, sich immer etwas mehr vom Kuchen zu nehmen als vorgesehen. Seine privilegierte Stellung gab ihm Macht über andere. Vielleicht fühlte es sich für ihn gut an, diese Macht zu gebrauchen und auszunutzen.
Aber offenbar hatte Zachäus auch erlebt, wie hilflos er sein konnte, wenn die Leute auf der Straße ihm die kalte Schulter zeigten, wenn ihm der Hass der Nachbarn entgegenschlug und sie sich demonstrativ wegdrehten und so taten, als würden sie ihn nicht sehen. Es ärgerte ihn. Aber er wollte sich nicht unterkriegen lassen.
Ich denke mir: Es war die Sehnsucht nach mehr, die ihn antrieb, die ihn wohlhabend und erfolgreich gemacht hatte. Und nun sitzt er auf diesem Baum und wartet. Die Sehnsucht nach mehr hat ihn auch diesmal angetrieben. Er ist sich sicher, dass dieser Baum der richtige Platz ist.
Zachäus sind Zweifel gekommen
Hier hat er nun Zeit. Zwischen Himmel und Erde denkt er über vieles nach, was sonst im Alltag keinen Platz hat. Bisher wollte er immer selber seines Glückes Schmied sein. Trotzdem waren ihm in letzter Zeit Zweifel gekommen. Irgendetwas stimmte nicht bei seiner Berechnung fürs Leben. Irgendwo war da noch eine Unbekannte, die ihm für das große Glück fehlte. Er brauchte neue Inspiration.
Heute hat er die Chance, einen Blick auf den Menschen zu werfen, von dem er schon Unglaubliches gehört hat: Jesus. Auch dieser Mensch war auf seine Weise machtvoll und erfolgreich. Aber kann Zachäus von Jesus noch etwas lernen, was ihn weiterbringt? Hatte dieser Mann eine besondere Aura oder Ausstrahlung, die andere in den Bann zieht? Zachäus will Jesus sehen, will mit eigenen Augen sehen, ob da was dran ist von dem, was die Leute erzählen.
Zachäus wartet auf Jesus
Zachäus, der Oberzöllner, der für die römische Besatzungsmacht das Steueraufkommen eintreiben ließ, sitzt also jetzt in einem Maulbeerfeigenbaum. Und er wartet, wartet, dass Jesus kommt. Adventszeit der etwas anderen Art. Warten auf Jesus, - von einem Platz aus, der ungewöhnlich ist, aber einen guten Überblick verschafft. Unten auf der Straße waren schon so viele Leute, dass es für ihn kein Durchkommen mehr gab. Einem Oberzöllner machten die Leute keinen Platz. Die biblischer Geschichte verrät noch ein Detail: Zachäus war nicht besonders groß. Er war klein von Gestalt, heißt es da lapidar im Lukasevangelium Kapitel 19. (Lutherübersetzung) Am Straßenrand bei der Menschenmenge hätte er keine Chance gehabt, Jesus zu sehen. Deshalb sitzt Zachäus jetzt auf einem Baum an der Straße, wo Jesus auf seinem Weg nach Jerusalem vorbeikommen musste. Zachäus weiß, dass er hier vorbeikommen soll. Aber er weiß nicht, was ihn erwartet.
Denn dieser Tag endet für Zachäus anders als vermutet. Eine echte Überraschung! Am Ende des Tages werden ungewöhnliche Geschenke verteilt. Davon erzähle ich nach der Musik weiter. Vielleicht ist ja auch eine Geschenkidee für heute dabei.
Musik 2
Zachäus sieht von seinem Maulbeerfeigenbaum aus zunächst nur eine große Menschenmenge, die sich langsam auf der Straße auf ihn zu bewegt. Vielleicht kam ihm dabei die Frage in den Kopf, ob er Jesus überhaupt erkennen kann zwischen all den Menschen? Jesus war doch ein Rabbi, ein jüdischer Lehrer. Es gab viele. Woran sollte er ihn erkennen?
Jesus sieht Zachäus und lädt sich bei ihm ein
Aber solche Sorgen waren unbegründet. Denn als Jesus an den Maulbeerfeigenbaum kommt, sieht er Zachäus schon von weitem. Unter dem Baum bleibt er stehen und schaut hinauf. Zachäus schaut herunter. Ihre Blicke treffen sich. Jesus sieht Zachäus an: Jesus sieht, wer er ist und was er braucht. Er sagt zu ihm: „Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.“
Zachäus tut, was Jesus sagt. Er steigt schnell herunter von diesem Baum. Es kann nicht anders gewesen sein: Zachäus freut sich. Über die Maßen. So ein besonderer Gast! In seinem Haus! Was für eine Ehre!
Das ist doch ein großes Geschenk: Gesehen werden. Persönlich angesprochen sein. Jemand sagt meinen Namen. Will bei mir sein. Zachäus jedenfalls hatte so was schon lange nicht mehr erlebt.
Zachäus erlebt zum ersten mal Gemeinschaft und Gespräche
Es wurde dann sicherlich ausgiebig gegessen und getrunken damals im Haus von Zachäus. Gelegenheit zu reden, sich kennenzulernen, Vertrauen aufzubauen. Auf den Tisch kamen auch Lebensfragen, Sinnfragen. Zachäus konnte etwas schmecken von der Liebe Gottes. Mit Jesus und seinen Freundinnen und Freunden war sie in sein Haus gekommen. Jemand, der isoliert war, auch aus eigener Schuld, der kann nicht anders als überwältigt sein von dieser Gemeinschaft, die jetzt für ihn zu spüren ist. Das war es, was er vermisst hatte auf seinem Weg zum Erfolg. Das war die Unbekannte, die in seinen Berechnungen für das Lebensglück noch fehlte. Jetzt war er war wohl glücklich wie schon lange nicht.
Musik 3
Die Nachbarn bleiben draußen und empören sich über Jesus
Zachäus war glücklich mit seinen Gästen im Haus. Aber draußen, da stehen immer noch die, die ihn verachten. Sie gehen grundsätzlich nicht in das Haus eines Sünders. Und Zachäus hatte die Gebote Gottes ganz offensichtlich nicht beachtet. Er hat betrogen und gelogen, hat Geschäfte gemacht mit der verhassten Besatzungsmacht aus Rom. Mit so einem pflegte man keine Kontakte. Seine Nachbarn bleiben draußen, um rein zu bleiben. Sie empören sich und schimpfen über den Gast, der reingegangen ist, über Jesus: Bei einem Sünder ist er eingekehrt! Was für eine Schande.
Zachäus verändert sich und verschenkt einen Teil seines Vermögens
Was sie nicht ahnen: Zachäus verändert sich durch diese Begegnung. Der Besuch von Jesus in seinem Haus, die Gemeinschaft, die Gespräche sind ein großes Geschenk für ihn. Er bekommt dadurch eine neue Perspektive auf sein Leben. Und auf Gott. Im Bild gesprochen: Die Fülle des Lebens sprudelt in ihm wie eine erfrischende Quelle. Mit Folgen, die keiner erwartet hatte. Am Ende des Tages wendet sich Zachäus an Jesus und sagt: Herr, die Hälfte meines Vermögens will ich den Armen geben, und wenn ich von jemanden zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück.
Auch Jesus ist beeindruckt
Was für eine Überraschung! Da ist auch Jesus beeindruckt. Er sagt zu Zachäus und den anderen, die dabei sind drinnen, und auch draußen hören welche mit: „Heute ist diesem Haus das Heil geschenkt worden.“ (Ökumenische Einheitsübersetzung, Lukas 19,9) Das heißt: Hier ist etwas heil geworden, weil jemand wieder Geschmack gefunden hat an der Gemeinschaft mit anderen. Weil er im Sinne Gottes nicht nur an sich selber denkt, sondern sich neu versteht als Teil einer Gemeinschaft. Da bemühen sich alle um Gerechtigkeit. Und in dieser Gemeinschaft wird das geteilt, was jeder und jede im Überfluss hat. Bei Zachäus war es das Geld, dass er nun verschenken kann mit Freude. Bei Jesus war es die Liebe Gottes, die er verschenken wollte. Die Liebe gerade auch zu denen, die sich verloren haben im Gestrüpp von Lebensvorstellungen, die ihnen und anderen schaden. Die Gottes Gnade, seine Freundlichkeit, nicht mehr kennen, aber eine Sehnsucht in sich tragen nach Leben, das gelingt. Ein Leben, das sich lohnt. Das Bestand hat mit Gottes Hilfe.
Zachäus hat Geld verschenkt. Bis heute ist es vielen Menschen wichtig, mit großzügigen Spenden notleidende Menschen zu unterstützen, gerade auch in der Adventszeit. Andere verschenken wie Jesus eine besondere Aufmerksamkeit und echtes Interesse an Menschen, die als Außenseiter leben. Wieder andere knüpfen Beziehungen, schenken Gemeinschaft, engagieren sich dafür, dass Menschen sich begegnen, die sonst nichts miteinander zu tun haben. Ich erlebe das in meinem Stadtteil, und ich bin dankbar dafür.
Neue Ideen für Geschenke entwickeln
In der Adventszeit mache ich mir Gedanken darüber, was ich anderen Menschen schenken kann zu Weihnachten. Die Geschichte von Zachäus macht mir Mut, mal ganz neue Ideen zu entwickeln.
Habe ich etwas im Überfluss, von dem ich anderen gerne abgeben kann? Selber gemachte Marmelade zum Beispiel oder Wolle, die ich spenden kann an das Frauengefängnis in Frankfurt-Preungesheim. Oder Zeit, die ich verschenken kann im Ehrenamt. Gibt es Menschen, die sich über einen Besuch von mir freuen würden, weil sie sonst nur wenig Kontakte haben? Zum Beispiel die frühere Nachbarin, die jetzt etwas dement im Altenheim wohnt oder der neue Kollege, der noch nicht so gut Deutsch spricht.
Oder bin ich vielleicht anderen etwas schuldig geblieben und könnte es wieder gut machen? Mit einem besonderen Brief zum Beispiel oder einer Einladung zum Tee in der Adventszeit. Wie gut, dass ich 24 Tage Zeit habe im Advent, über Geschenke nachzudenken. Nicht nur für andere, sondern auch für mich selbst: Was wünsche ich mir, was fehlt mir noch, was könnte ich in diesem Jahr gerade richtig gut gebrauchen?
Musik 4
Was wünsche ich mir eigentlich? Was fehlt mir noch?
Was wünsche ich mir, was fehlt mir noch, was könnte ich gerade richtig gut gebrauchen, frage ich mich. Und weiß manchmal gar nicht recht, was mir fehlt. So war es ja auch bei Zachäus. Nur aus Neugier und mit einer unbestimmten Sehnsucht wollte er sehen, wer Jesus ist. Deshalb stieg er auf den Baum und wartete. Alles andere kam dann auf ihn zu, unerwartet, überraschend. Und am Ende gab es Grund zur Freude für viele.
Ich werde nicht auf einen Baum klettern im Advent. Doch es gibt andere Orte, an denen ich meiner Sehnsucht nachgehen kann, wo ich Zeit habe, meine Gedanken schweifen zu lassen zwischen Himmel und Erde, um Ausschau zu halten nach dem, was mir noch fehlt.
Ein Platz am Adventskranz mit einer brennenden Kerze
Vielleicht ist es ganz einfach. Ich mache mir eine Kerze an bei mir zu Hause am Adventskranz. Die Adventszeit lädt mich ja auch ein, zunächst nur mit einer brennenden Kerze am Adventskranz der eigenen Dunkelheit auf die Spur zu kommen. Die Fragezeichen aufzuspüren, die ich sonst im Alltag gerne zur Seite schiebe. Ein guter Platz soll es sein, um auf Jesus zu warten. Denn im Advent feiere ich die Hoffnung, dass er kommt, mich sieht und weiß, was ich brauche.
Plötzlich ist eine Freude da, die nicht selber gemacht ist
Mit diesem Vertrauen kann in der Stille neue Kraft aufsteigen. Neue Gedanken und Ideen können sich einstellen. Und unerwartet ist dann plötzlich eine Freude da, die nicht selber gemacht ist.
Freude, die wie ein Geschenk das Herz erfüllt. Freude, die Menschen auf andere zugehen lässt. Freude, die im Fremden den Menschen erkennt, dem die Liebe Gottes gilt wie mir selbst.
Solche Erfahrungen sind für mich Gottesgeschenke. Denn sie lassen mich in der Tiefe erahnen, was es bedeuten kann, dass Gott Mensch wird und in mir geboren werden will. Bei mir zu Gast sein will, auch wenn nicht alles in Ordnung ist.
24 Tage im Advent mit Überraschungen und der Erwartung auf Weihnachten
Ich freue mich auf die 24 Tage im Advent. Denn jeden Tag ist da ein neues Türchen im Adventskalender, das ich öffnen kann, hinter dem eine kleine Überraschung steckt, so wie hinter jedem neuen Tag.
Immer wieder kann ich eine Kerze anzünden und mich daran erinnern, dass Gott mit mir die Welt ein bisschen heller machen will.
Und immer wieder kann ich mit einstimmen in die alten Lieder, die uns daran erinnern, dass wir Grund zur Freude haben. Denn ein Friedefürst wird gerade auch in diesem Jahr dringend erwartet.
Musik 5 Tochter Zion, freue dich