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Israel Kamakawiwo’Ole, Over the Rainbow
Pixabay/Albrecht Fietz

Israel Kamakawiwo’Ole, Over the Rainbow

Dr. Annegreth Schilling
Ein Beitrag von Dr. Annegreth Schilling, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Seit ich denken kann, fasziniert er mich: Der Regenbogen. Wenn nach einem kräftigen Sommerregen die Sonne ihre Strahlen durchs Fenster schiebt, dann suche ich mit meinen Augen solange den Himmel ab, bis ich ihn finde.

Von rot, orange und gelb über grün und blau bis ins lila. Langsam malt der Regenbogen seine Farben in den Himmel, erst in Pastelltönen, dann immer klarer und stärker.

Im Getümmel der Großstadt sehe ich meist nur einen kleinen Ausschnitt, auf einer Wiese im Grünen kann ich mit etwas Glück manchmal den ganzen Bogen sehen. Für mich verbindet der Regenbogen Himmel und Erde. Wenn ich ihn sehe, bleibt für mich in diesem Moment die Zeit stehen:

Unter dem Regenbogen schweifen die Gedanken zu Freunden und Familie

Ich träume, lasse die Gedanken schweifen. Zu den Menschen, die mir viel bedeuten, meine Familie und Freunde. Ich denke auch an Menschen, um die ich mir Sorgen mache. Menschen, von denen ich weiß: sie sind krank oder allein. In manchen Momenten denke ich auch an Freunde und Verwandte, die schon gestorben sind.

Der Regenbogen lässt meine Gedanken spazierengehen. Und viele persönliche Geschichten ziehen vor meinem inneren Auge vorüber. Und auch an eine Geschichte aus der Bibel denke ich jedes Mal: Der Regenbogen, den Gott nach der Sintflut in die Wolken stellt. In bunten Farben leuchtet vom Himmel, was Gott verspricht: Ich verlasse dich nicht, ich stehe dir bei!

Somewhere over the rainbow

Somewhere over the rainbow
Way up high
And the dreams that you dreamed of
Once in a lullaby

Oh, somewhere over the rainbow
Blue birds fly
And the dreams that you dreamed of
Dreams really do come true, ooh-ooh

(Somewhere, over the rainbow. Dort irgendwo, hinter dem Regenbogen, ganz weit oben. Dort fliegen blue Birds, blaue Singvögel. Und die Träume, von denen du geträumt hast, werden wirklich wahr.)

Das Lied Over the Rainbow stammt schon aus den 1930er Jahren. Judy Garland war die Stimme, die den Song populär gemacht hat. Ihr folgten viele Coverversionen. Wie diese.

Der Sänger Israel Kamakawiwo’ole singt das Lied ganz einfühlsam. Er ist in Hawaii aufgewachsen und ich stelle mir vor, wie er am Strand sitzt, die Ukulele in der Hand hält, und dieses Lied vor sich hinsingt. Somewhere, over the rainbow.

Auch ein Abschiedslied

Israel Kamakawiwo’ole weiß, dass sein Leben bald zu Ende gehen wird. Er leidet an Fettsucht. Das ist eine Krankheit, die nicht heilbar ist und die den Körper und vor allem sein Herz stark belasten. Seine Stimme klingt zart, fast zerbrechlich. Israel Kamakawiwo’olesingt Over the Rainbow als Abschiedslied. Die Saiten der Ukulele schwingen wie ein Herzschlag, der weitergeht, auch wenn er stirbt. Im Lied singt der Sänger von der Hoffnung über dem Regenbogen.

Someday I'll wish upon a star
Wake up where the clouds are far behind me
Where trouble melts like lemon drops…

(Manchmal wünsche ich mich zu einem Stern hin, wache über den Wolken auf, wo Sorgen wie Zitronendrops zerfließen.)

Wenn jemand an einer schweren Krankheit leidet, so wieder Sänger Israel Kamakawiwo’ole, dann wünscht er oder sie sich manchmal einfach nicht mehr da zu sein. Die Sorgen, ja die Krankheit soll sich wie ein Zitronenbonbon auflösen.

Ein Ruf zum Himmel: Warum?

Diesen Wunsch kenne ich von meinem Schulfreund. Seit vielen Jahren litt er an einer chronischen Krankheit. Den Traum vom Arbeitsleben hat er aufgegeben und nach und nach konnte sein Körper nicht mehr. Vergangenes Jahr ist er gestorben.

Oh, somewhere over the rainbow
Blue birds fly
And the dream that you dare to
Oh, why, oh, why can't I?

(Warum, warum kann ich nicht einfach weiterleben? Meine Träume verwirklichen?)

Why can’t I? Diese Frage schickt Israel Kamakawiwo’Ole leise und verzweifelt zum Himmel.

Wie viele Menschen, die ohne Perspektive leben, wünscht er sich ein Leben über dem Regenbogen. Er singt von einer Welt, in der alles gut ist. In der Bibel ist dieser Traum von einer neuen Welt ganz anschaulich beschrieben. Im Buch der Offenbarung heißt es:

„Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde.“ Da wird Gott „jede Träne abwischen von ihren Augen. Es wird keinen Tod und keine Trauer mehr geben, kein Klagegeschrei und keinen Schmerz. Denn was früher war, ist vergangen.“ Und Gott spricht: „Ich mache alles neu! (Offenbarug 21, 1.4-5)

Gottes Zusage: Ich stehe dir bei.

Der Regenbogen, den ich nach einem starken Regenguss sehe, steht für mich für diese Zusage Gottes: Ich verlasse sich nicht, ich stehe dir bei, über den Tod hinaus. Ich befreie dich von deinen Schmerzen. Ich mache alles neu.

Der Sänger Israel Kamakawiwo’Ole singt das Lied in den letzten Wochen seines Lebens. Ich stelle mir vor: Er hofft auf ein neues Leben nach dem Tod. Mit seinem Lied bleibt er aber nicht bei dem Blick ins Jenseits stehen. Wie der Regenbogen reicht für ihn der Himmel in das Hier und Jetzt hinein.

Well, I see trees of green and
Red roses too
I'll watch them bloom for
Me and you
And I think to myself
What a wonderful world

Well, I see skies of blue and I see
Clouds of white
And the brightness of day
I like the dark
And I think to myself
What a wonderful world

Eine wundervolle Welt - auch im Schmerz

Ich sehe blauen Himmel und weiße Wolken, ich mag das Dunkel und denke mir: Was für eine wunderbare Welt. What a wonderful world! Der Sänger verbindet das Lied Over the rainbow mit einem der bekanntesten Lieder von Louis Armstrong: What a wonderful world.

Die zarte Melodie von Over the Rainbow verwandelt sich in diesem Medley zu einer neuen Harmonie zwischen Himmel und Erde.

Das Grün und die roten Rosen erzählen vom Leben und davon, dass das Leben weitergehen wird – nicht nur für den Verstorbenen im Himmel, sondern auch bei den Hinterbliebenen auf der Erde.

Nach dem Tod meines Schulfreunds haben wir uns zur Beerdigung getroffen. Es war für mich ein Wiedersehen mit seinen Eltern und anderen Freunden nach sehr langer Zeit. Seit der Beerdigung habe ich jetzt wieder engeren Kontakt zu einigen gemeinsamen Freunden. Wenn wir uns sehen oder hören, spüre ich den Schmerz, dass mein Schulfreund nicht mehr da ist. Und gleichzeitig merke ich: Wir dürfen weiterleben. Im Angesicht seines Todes verändert sich mein Blick auf das Leben und auch meine Beziehungen zu anderen Menschen verändern sich.

The colors of the rainbow, so pretty in the sky
Are also on the faces of people passing by
I see friends shaking hands
Saying, "How do you do?"
They're really saying, "I, I love you"

I hear babies cry and I watch them grow
They'll learn much more
Than we'll know
And I think to myself
What a wonderful world, world

Israel Kamakawiwo’Ole singt: Die Farben des Regenbogens, so schön im Himmel, zeichnen sich auch in den Gesichtern der Menschen, die vorübergehen. Ich sehe Freunde, die sich die Hand geben und fragen: Wie geht’s dir?

Die Verbindung zu anderen bekommt eine neue Dimension

Seit mein Schulfreund tot ist, fühle ich mich unseren gemeinsamen Freunden und auch meiner eigenen Familie neu verbunden. Ich nehme sie anders wahr, in einer tieferen Dimension als zuvor.

Und auch das Leben als Ganzes weiß ich seit seinem Tod mehr zu schätzen. Die Spaziergänge am Fluss und die Sommerwiese, das Lachen meiner Kinder, und selbst ein belastender Arbeitstag. An manchen Tagen spüre ich eine tiefe Dankbarkeit für mein Leben. Die Sorgen meines Alltags lösen sich nicht auf, aber sie fühlen sich weniger schwer an. Manche traurigen Gedanken beginnen sogar zu schmelzen wie ein Zitronendrops.

Someday I'll wish upon a star
Wake up where the clouds are far behind me
Where trouble melts like lemon drops…

Eine neues Leben hinter dem Regenbogen

Wenn ich am Himmel einen Regenbogen erspähe, denke ich oft an meinen verstorbenen Freund und träume davon, wie es wohl in Gottes Ewigkeit aussieht. Ich hoffe und glaube: Mein Schulfreund beginnt dort hinter dem Regenbogen ein neues Leben, ohne Schmerzen. Auf den letzten Seiten der Bibel heißt es: Denn Gott wird im Himmel jede Träne abwischen und es wird keinen Tod und keine Trauer mehr geben. Das, was früher war, ist vergangen. (Offenbarung 21, 4)

Für mich ist der Regenbogen nicht nur ein Bild für das Leben nach dem Tod. Er erinnert mich auch an Gottes Zusage: Ich bin bei dir! Auch jetzt. Das Grau des Lebens muss nicht grau bleiben, es kann bunt werden. Nach einem Streit oder in einem Moment, wo ich verzweifelt bin, hilft mir Gott. Und ich kann mich selbst und andere in einem neuen Licht zu sehen.

Musik

Oh, somewhere over the rainbow
blue birds fly
And the dream that you dare to
Oh, why, oh, why can't I?

Well, I see trees of green and
Red roses too
I'll watch them bloom for
Me and you
And I think to myself
What a wonderful world

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