Wohnen in der Kirche
Anmoderation: Die Kirchen haben weniger Mitglieder, die Kosten steigen, auch für den Unterhalt der Gebäude. Viele Gemeindehäuser und Kirchen werden nicht mehr gebraucht, werden verkauft oder vermietet. In Bad Nauheim ist die evangelische Kirche jetzt einen ungewöhnlichen Schritt gegangen. Andrea Seeger von der Evangelischen Kirche findet ihn beispielhaft.
In der Advents- und Weihnachtszeit spielen Geschenke eine wichtige Rolle. Manche sind ganz groß – an Umfang und Bedeutung.
Ein besonders Geschenk für mehr Inklusion
Das erlebt gerade der gemeinnützige Förderverein Inklusion in Bad Nauheim. Seine Mitglieder setzen sich dafür ein, dass Menschen mit Behinderung am Leben umfassend teilnehmen können. Das bedeutet Barrierefreiheit auf allen Gebieten: beim Thema Bildung, bei der Arbeit, in der Freizeit und beim Wohnen.
Verein bekommt Kirche geschenkt
Die evangelische Kirche hat dem Verein nun ein Gotteshaus geschenkt, viel mehr symbolisch für einen Euro überlassen: die wunderschöne Johanneskirche in bester Lage. Viele Bad Nauheimer kennen die Kirche, sie ist beliebt bei Hochzeitspaaren und Eltern, die ihr Kind taufen lassen möchten.
Jetzt soll hier ein Zuhause entstehen für junge Menschen mit Behinderung. Sie sollen dort eigenverantwortlich und selbstbestimmt leben können. Geplant ist ein Anbau um die Kirche herum, gestaltet wie ein klosterähnliches Ensemble. Die Stadt Bad Nauheim will sich ebenfalls beteiligen und die Nachbargrundstücke preiswert abgeben.
Ein Ort, wo verschiedene Menschen zusammenkommen
Die Kirche selbst soll ein Gemeinschaftsort bleiben – zugänglich auch für die Öffentlichkeit. Da kommt zusammen, was zusammengehört, Menschen mit und ohne Behinderung - Inklusion beispielhaft könnte man sagen.
Umwidmungen von Kirchen sind an der Tagesordnung, weil die Mitglieder weniger werden. An Nutzung ist vieles möglich. In Bad Orb verwandelt sich eine Kirche gerade in eine Kletterhalle. Was aus einem Gotteshaus wird, entscheidet die zuständige Kirchengemeinde.
Gelebter Gottesdienst
Ich finde, die Bad Nauheimer Kirchengemeinde hat eine gute Lösung gefunden mit dem inklusiven Wohnprojekt. Wenn sich Menschen hier nicht mehr zum Gottesdienst versammeln, so leben sie doch Gemeinschaft an diesem Ort. Das ist für mich auch eine Art Gottes-Dienst – wenn auch ohne Gebete, Lieder und Predigten. Die frohe Botschaft Gottes wird dort einfach gelebt, indem Menschen in ihrer Vielfalt zusammenkommen. Alle unterschiedlich – aber alle gleich wertvoll.
Foto: Feierliche Übergabe der Johanneskirche Bad Nauheim mit Bürgermeister Klaus Kreß, Oliver Wohlers und Andreas Weigand vom Förderverein, Kirchenvorstandsvorsitzender Ulrich Schröder, die Vorsitzende des Bauausschusses der Kirchengemeinde Elke Schulze und Pfarrerin Meike Naumann.