Gott hat viele Wohnungen
Die Hausnummer 18 gibt es nicht mehr. Da, wo bis vor Kurzem noch ein Haus stand, ist jetzt Brachland. Vorher stand dort ein Gebäude aus den Fünfzigern. Mein Mann ist darin aufgewachsen. Aber auch viele andere Menschen sind dort ein- und ausgegangen, denn das Haus gehörte zu einer Frankfurter Kirchengemeinde. Mit Kita, Gemeindebüro und einem großem Saal. Dazu noch die Wohnungen. Als wir während unserer Studienzeit verzweifelt nach bezahlbarem Wohnraum in Frankfurt suchten, fanden wir ihn dort, in der Nummer 18. 25 Quadratmeter, dazu ein kleines Zimmer unterm Dach. Es wurde für zwei Jahre zu unserem Zuhause.
Jede Wohnung erzählt von einem anderen Lebensabschnitt
Ich bin schon häufig umgezogen. Erst innerhalb meiner Heimatstadt Hamburg, dann für das Studium in verschiedene Städte. Mit jeder Wohnung verbinde ich einen Lebensabschnitt; das, was mich damals beschäftigt hat, was in meinem Leben so passiert ist. Gutes und Schweres gleichermaßen. So geht es mir auch mit der Wohnung in Frankfurt. Mir steht die anstrengende Vorbereitung auf das Examen vor Augen, aber auch die Erinnerung, wie wir uns manchmal zu siebt in die winzige Wohnküche gequetscht haben und die lustigsten Abende miteinander hatten. Dass es das Haus jetzt nicht mehr gibt, an dem so viele Erinnerungen hängen, macht mich schon ein bisschen traurig.
Bei Gott hat jeder Mensch ein Zuhause
Ein bisschen tröstet mich eine Stelle in der Bibel: Kurz vor seinem Tod sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Ich gehe hin, um dort einen Platz für euch vorzubereiten.“ (Johannes 14,2). Das heißt: jeder Mensch hat bei Gott seinen sicheren Platz, an dem er sich einrichten kann und sich geborgen weiß – auch nach dem Tod. Mir gefällt diese Vorstellung: Den letzten großen und endgültigen Umzug antreten, um dann bei Gott für immer ein neues Zuhause zu finden.
Gott zieht mit (um)
Gott hat viele Wohnungen, das heißt für mich aber auch: Gott geht mit mir mit – schon jetzt – wenn ich mal wieder umziehe. Und Gott weiß, was ich mit diesen Wohnorten verbinde. Das Gute und das Schwere. Mit ihm kann ich meine Erinnerungen an alle Lebensorte teilen. Selbst, wenn es diesen Ort nicht mehr gibt. So wie das alte Haus Nummer 18.