Zeichensprache
Es war bei der Europameisterschaft. Der türkische Nationalspieler Merih Demiral feierte ein Tor demonstrativ mit dem Wolfsgruß, einem Symbol der rechtsextremen Gruppierung „Graue Wölfe“. Die öffentliche Empörung war groß. Ich finde, zu recht. Extremismus ist immer schlimm und gehört nicht auf diese Bühne.
Der Schweigefuchs - ein Zeichen aus Kindergarten und Grundschule
Mich interessiert daran noch etwas anderes. Als ich die Aufnahme von Demiral sah, wie er mit beiden zum Himmel ausgestreckten Händen etwas zeigte, dachte ich: Das kenn ich doch. Aus dem Kindergarten und dem Grundschulunterricht: Den Schweigefuchs. Er sieht genauso aus wie der berüchtigte Wolfsgruß. Dabei werden mit den Fingern eine Art Schnauze geformt und die Ohren. Einmal eingeführt, müssen die Erzieherinnen und Lehrer nichts mehr sagen, auch nicht laut werden. Sie müssen nur mit der hochgehaltenen Hand den Schweigefuchs zeigen. Schon kehrt Ruhe ein. In der Regel mögen die Kinder diesen kleinen, tierischen Hinweis und lächeln sogar dem Schweigefuchs zu.
Gleiche Gesten können unterschideliche Bedeutungen haben
Es ist bekannt: die gleichen Gesten und Handzeichen haben in unterschiedlichen Kulturen verschiedene Bedeutungen. Bekannt ist auch, dass Körperhaltungen und Gesten stärker wahrgenommen werden als Worte. Mir hilft es, mir das immer mal wieder bewusst zu machen. Dieselbe Geste kann mal abstoßend, mal hilfreich sein.
Eine eindeutig positive Geste in allen Kulturen
Aber es gibt auch international eindeutig positive Gesten. Eine davon sind die aufeinander gelegten Handflächen, wie z.B. „die betenden Hände“ von Albrecht Dürer. Bei vielen Christen ist sie gebräuchlich als bittende oder dankbare Gebetshaltung. In Indien ist sie der wertschätzende Gruß „Namaste“ und heißt: „Ich verbeuge mich vor dir!“ oder ist eine Geste für „Danke!“.
Ich mag diese Geste. Sie ist eine stille und achtsame Wertschätzung meines Gegenübers, die mir und anderen guttut.