
Das Gemeinsame betonen
Heute ist Reformationstag. Er erinnert an ein für die evangelische Kirche epochales Ereignis. Und das beindruckt mich auch als Katholik: Der Theologieprofessor Martin Luther hat vor rund 500 Jahren großen Mut gezeigt. Und brutale Missstände der damaligen Kirche öffentlich kritisiert. Letztlich ging es ganz klar um Geldgier. Und um Arroganz der Macht. Aber im Streit zwischen Luther und der Kirchenführung ging es dann auch um verwickelte theologische Fragen. Und ebenso komplizierte politische Probleme. Denn auch Kaiser und Fürsten haben kräftig mitgemischt.
Es entstand die evangelische Kirche
Die Zeit Martin Luthers, die Reformationszeit, hat ja unser Land sehr geprägt. Ich find es daher wichtig, mich immer wieder genauer mit ihr zu beschäftigen. Auch wenn ich längst kein Experte bin. Wenn ich mir einen Reim auf die Akteure damals machen möchte, merk ich: Es gibt wenig „schwarz“ und „weiß“. Sondern viele Grautöne. Viele fatale Schachzüge haben schließlich leider dazu geführt, dass es unter einem gemeinsamen Kirchendach nicht weiterging. Immerhin wurde aber Luthers Reformanliegen nicht erstickt. Das ist ja im Mittelalter leider oft passiert. Es entstand vielmehr die evangelische Kirche.
Ganz bewusst mache ich das
Der Reformationstag ist ja vor allem für evangelische Christen wichtig. Aber ich hab auch schon oft am 31. Oktober einen evangelischen Gottesdienst besucht. Ganz bewusst. Ich spüre dann: Es ist ein Hoffnungszeichen, dass ich heute als Katholik an diesem Tag gemeinsam mit evangelischen Christen mitbeten kann. Und mich willkommen fühle. Als Mit-Christ. Und sozusagen als guter Nachbar.
Eine tiefgreifende Versöhnung hat stattgefunden
Denn viele Jahrhunderte haben sich ja die evangelische und katholische Kirche in Deutschland erbittert bekämpft. In letzter Zeit hat dann aber wirklich eine tiefgreifende Versöhnung stattgefunden. Und ich merk immer wieder, bei gemeinsamen Gottesdiensten – und natürlich im Alltag: Es ist heute ganz normal, dass wir als evangelische und katholische Christen das Gemeinsame betonen.
Und es gibt mir die Hoffnung
Deshalb ist der Reformationstag heute für mich ein Hoffnungszeichen: Es zeigt mir, dass Versöhnung auch zwischen scheinbar unversöhnlichen Gegenpositionen möglich ist. Das find ich in einer Zeit, in der sich die Gesellschaft oft in Einzelfraktionen, in „Blasen“, aufspaltet, wichtig. Und es gibt mir die Hoffnung: So eine Versöhnung ist auch in anderen Bereichen möglich. Dafür möchte ich mich einsetzen: Mir die Offenheit gegenüber anderen Denk-Welten bewahren. Indem ich den Blick auf das lenke, was verbindet.