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Bild: Myriams Fotos Pixabay
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Hilft Beten?

Andreas Wörsdörfer
Ein Beitrag von Andreas Wörsdörfer, Pastoralreferent, Katholische Pfarrei Dom St. Bartholomäus, Frankfurt am Main
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Fassungslos verfolge ich am Dienstagabend die Nachrichten aus dem Nahen Osten. Raketen über Israel, Sirenen. Menschen, die in Luftschutzkeller rennen. Iran greift Israel mit geschätzt 200 Raketen an, die vom Iron Dome Israels abgefangen werden. Eine Situation, die seit Jahren für die Region und die Welt befürchtet wurde. Gleichzeitig schickt Israel Bodentruppen in den Libanon. Der Krieg im Gazastreifen geht auch weiter. Und die bange Frage lautet: Wer wird jetzt wohl wie reagieren? Von „Gesicht wahren“ und „Stärke zeigen“ ist die Rede. Jede Seite hat ihre eigene Logik. Die Lage in der Region ist komplex und nicht leicht zu durchschauen.

Beten für den Frieden, was bringt das?

„Pray for Lebanon“ steht auf großformatigen Plakaten, abgebildet mit einer brennenden Kerze. Zu sehen war das in einem Bericht der Tagesschau aus Beirut. Pray for Lebanon, Pray for Israel, Pray for Gaza, Pray for Ukraine. Ich denke an die Friedensgebete, die so viele Menschen in vielen Kirchen schon lange halten. Und gestehe: Ich werde ziemlich mutlos, wenn ich diese Bilder und die Eskalation der Gewalt sehe. Beten für den Frieden, was bringt das? Hört Gott nicht zu?

Die Klagen vor Gott bringen

Eine uralte Klage aus dem Psalm 22 im Alten Testament kommt mir in den Sinn:

„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bleibst fern meiner Rettung, den Worten meines Schreiens? Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort; und bei Nacht, doch ich finde keine Ruhe.“ (Ps 22, 2-3)

Verzweiflung, Trauer, Wut: All das muss irgendwo hin. Und da ist Gott doch wieder eine Adresse für mich. Ich kann und darf Gott das alles vor die Füße werfen. Ich merke: Es tut mir gut, Dampf abzulassen.

Ich werde da sein

Es bleibt erstmal dabei: Die Lage scheint hoffnungslos. Wenn ich aber so bete, fällt mir ein: Gott hat von sich gesagt: „Ich bin, ich werde da sein.“ Gottes Dasein - das erbitte ich für die Menschen in Israel, Gaza, dem Libanon, dem Iran, der Ukraine.

Trotzdem. Ich will hoffen - gegen alle Hoffnungslosigkeit. Heute Abend stelle ich eine Kerze auf und bete.

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