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Der Abend, als der Strom weg war
Bild: denizturgut_pixabay

Der Abend, als der Strom weg war

Clemens Weißenberger
Ein Beitrag von Clemens Weißenberger, Katholischer Pastoralreferent, Frankfurt
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Ich sitze abends am Computer und plötzlich war der schwarz wie die Nacht. Und das Licht war aus. Ich hab‘ gedacht, da ist bestimmt die Sicherung `raus. Also hab‘ ich die Taschenlampe am Handy angemacht und bin zum Sicherungskasten. Aber da war alles in Ordnung. Komisch. Die Kinder waren schon am Schlafen. Mit meiner Frau hab‘ ich dann überlegt, was das wohl los ist? Also erstmal auf die Straße. Im ganzen Viertel dunkle Straßenlaternen. Und da wurde uns klar: Der Strom ist ausgefallen. So ein Mist. Wenigstens das Handynetz funktionierte. Wir haben dann beim Strombetreiber angerufen, da hat eine leicht genervte Sachbearbeiterin geantwortet: Ja, man wisse, dass der Strom weg ist und man sei dran, das zu reparieren. So schnell wie möglich. Was schnell allerdings heißt, hat sie nicht sagen können.

Erst genervt, dann wurde die Stimmung besser

Witzig war: Nach und nach sind dann auch die Nachbarn rausgekommen. Ich hab‘ erzählt, was uns der Strombetreiber gesagt hat. Erst waren wir ein bisschen genervt, dann wurd‘ die Stimmung aber besser. Eigentlich schön, sich mal wieder zu treffen. Und wir haben Witze gemacht, was aus der aufgetauten Tiefkühltruhe gibt’s morgen zu essen? Und haben spekuliert, kommen wir morgen überhaupt zur Arbeit? Schnell hatten wir andere Themen: Wie geht’s ihrer Frau, was macht deine Operation am Knie, waren letzte Woche die Enkel da, wie geht‘s in der Schule bei den Kindern? Irgendjemand hat sogar noch Getränke und eine Bierbank holen wollen, wenn es doch noch länger dauern sollte.

Cool, dass wir uns wieder mal so unverhofft getroffen haben

Fast zu unserem Bedauern hat‘s nach einer halben Stunde „Plop“ gemacht – der Strom war wieder da und die Straßenlaternen gingen wieder an. Wir haben noch kurz weiter miteinander geredet. Dann hat jemand gesagt: Fast schade, dass der Schaden so schnell behoben wurde. Wir haben gelacht, und dann ist jeder nach Hause gegangen. Alle haben gesagt: Eigentlich eine coole Sache, dass wir uns mal so unverhofft getroffen haben!

Ein doch so schöner Abend, der unter blöden Vorzeichen begann

Das ist jetzt schon ein paar Monate her. Trotzdem: Immer, wenn ich jetzt einen von den Nachbarn sehe und an den Stromausfall denke, muss ich lächeln. Und wenn wir dann reden, heißt es: Weißt du noch, damals, als der Strom ausfiel? Und wir denken zurück an den dann doch schönen Abend, der unter so blöden Vorzeichen begonnen hat. Und ich denke: Manchmal kann aus einer nervigen oder schwierigen Situation doch etwas richtig Schönes werden!

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