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Flohmarkt – ausmisten und Platz schaffen
Pixabay/jacqueline macou

Flohmarkt – ausmisten und Platz schaffen

Jelena Wegner
Ein Beitrag von Jelena Wegner, Evangelische Pfarrerin, Siegbach
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Bei uns im Dorf findet ein Flohmarkt statt. Von Kindern – für Kinder.

Den Dachboden räumen und Spielsachen sortieren

Wir wollen als Familie mitmachen. Über die Jahre hat sich viel zu viel bei uns angesammelt. Der Dachboden ist groß, platzt aber trotzdem aus allen Nähten. Nach und nach schleppen wir also die alten Kindersachen runter - vom Dach ins Erdgeschoss. Dort stapeln sich Kisten voll Kinderbücher, ein blauer Müllsack, aus dem alte Kuscheltiere rausfallen, Sandspielzeug und Playmobil. Dazwischen sitzen meine Kinder und sortieren.

Die alten Sachen tragen viele Erinnerungen mit sich

Gemeinsam überlegen wir: Was können wir verkaufen? Was ist über die Jahre  schäbig geworden und sollte besser gleich in den Mülleimer? Und natürlich: Was wollen wir behalten? Denn mit alten Sachen ist das ja so eine Sache: Auch wenn sie einstauben und längst nicht mehr gebraucht werden: Sie tragen Erinnerungen mit sich.

Wie das abgenutzte Pixibuch, das meine Mutter schon mir als Kind vorgelesen hat. Das kann ich unmöglich verkaufen. Bei der kleinen Plüschgiraffe lenkt meine Tochter ein: „Das geht nicht. Die hat mir doch die Oma geschenkt, als ich so schlecht einschlafen konnte. Das kann auf keinen Fall weg.“

Ein Flohmarkt- und ein Erinnerungsstapel

So bilden sich nach und nach ein Flohmarkt- und ein Erinnerungsstapel. Von manchem können wir uns gut trennen. Anderes nehmen die Kinder noch einmal in den Arm oder blättern durch und erzählen, was sie damit erlebt haben. Und dann darf es weg. Denn auch wenn es schwerfällt: Es tut gut zu sehen, wie der Flohmarktstapel wächst.

Etwas aussortieren ist auch ein innerer Prozess

Ich schaffe so nicht nur Raum im Haus und damit Platzt für Neues. Ich schaffe auch Raum in mir. Aussortieren ist auch ein innerer Prozess. Ich sortiere Erinnerungen aus meinem Leben: Bei manchen Dingen bin ich froh, dass sie nicht mehr dazu gehören. Ich fühle mich direkt freier. Anderes schaue ich an und bin dankbar für die Erinnerung, für das Leben, das mir bis hierher geschenkt wurde. 

Beim Verkaufstag wechseln die Kinder sich am Flohmarktstand ab. Die alten Sachen endgültig hergeben fällt ihnen zunächst schwer. Trotzdem sind sie mit Freude dabei. Ich schätze: Auch sie merken: Es tut gut, Altes loszulassen und Platz für Neues zu schaffen. Nicht nur auf dem Dachboden, auch innerlich. Was nicht verkauft wurde kommt in die Flohmarkt-Kiste. Fürs nächste Mal.

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