Ein Hinweis für Gott
Ich muss gestehen, dass ich selbst nicht so ganz frei davon bin. Immer mal wieder, wenn ich bete, passiert es auch mir: Ich weiß etwas besser als Gott selbst. Ich weiß nämlich, was er tun soll und manchmal sogar wie. Als ob Gott mein Gebet brauchen würde, damit er sich an die Einsamen, die Trauernden oder auch die Hungernden erinnert. Ich bitte ihn dann, dies und jenes so zu tun, damit die Welt zu einem besseren Ort wird. Ich bitte ihn dort Frieden zu bringen oder hier ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für die politische Situation zu schaffen und so weiter.
Ich glaube, damit bin ich nicht allein. Jedes Mal, wenn ich mich selbst dabei ertappe, mal wieder genau zu wissen, was Gott tun muss, stelle ich mir die Frage, wie oft er von uns Menschen daran erinnert wird, dass in dieser Welt noch großer Handlungsbedarf an Wundern und anderen göttlichen Handlungen besteht. Als ob Gott so vergesslich ist.
Woran liegt es, dass so viele Gebete immer wieder den Anschein erwecken, Gott habe nicht alles im Blick?
Gebet ist Dialog
Ich denke, es liegt zu einem großen Teil daran, dass wir viele Gebete falsch wahrnehmen. Gebete sind nie Einbahnstraßen. Es sind keine schön formulierten Zeilen an ein allmächtiges Wesen, sondern immer ein Dialog. Dort, wo ich meine Sorgen und meine Sicht auf die Welt vor Gott bringe, gebe ich sie ja nicht ab und brauch mich nicht mehr darum zu kümmern. Im Gegenteil: Ich werde mir bewusst über die Realität. Ich schärfe meinen Blick und bin ganz im Hier und Jetzt. Dabei lege ich viele Dinge in Gottes Hand und dennoch bleibt auch Verantwortung bei mir selbst. Denn wenn ich Gott bitte, sich um die Einsamen, Kranken und Hungernden zu kümmern, steht ja durchaus die Frage im Raum, wie er sich kümmern kann.
Wir sind Gottes Werkzeug
Gott braucht also eine Möglichkeit, in dieser Welt zu handeln. Dazu nutzt er übrigens gerne Menschen. Gott handelt im Heiligen Geist durch Menschen, die im Kleinen oder Großen Missstände in dieser Welt erkannt haben und bereit sind, dagegen etwas zu tun.
Das Gebet immer dann, wenn ich Gott um Hilfe bitte, richtet sich auch an mich selbst. Als würde Gott zu mir sagen: „Ich finde es gut, dass du die Menschen nicht vergisst, denen es schlecht geht. Ich finde es wertvoll, dass du mit offenen Augen durch diese Welt gehst. Jetzt brauche ich dich als mein Werkzeug in dieser Welt, damit sich etwas ändert.“