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Vergebung
Bild:Gerd_Altmann Pixabay

Vergebung

Jens Haupt
Ein Beitrag von Jens Haupt, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Als Christ muss man vergeben. Wirklich? Wenn es zwischen Menschen schwierig wird, wenn mich jemand verletzt und er Schuld daran trägt, muss ich vergeben können. Muss ich? Das geht mir bei manchen zu flott. Nach dem Motto: Es muss ja irgendwann auch wieder gut sein.

Was Vergebung nicht heißt

Ich höre das und denke: Nein. Wenn ich jemandem vergebe, heißt das nicht: Du musst dir wegen deines Verhaltens keine Gedanken mehr machen.

Vergebung heißt auch nicht, es ist alles vergessen und wieder so wie vorher. Nichts ist gut und nichts wird allein gut, wenn ich die süße, fromme Soße drüber gieße. 

Sünden vergeben oder Sünden behalten?

In manchen Kirchen sieht man Bilder von Petrus mit zwei Schlüsseln in der Hand. Sie stehen für eine schwere menschliche Entscheidung: Sünden vergeben oder Sünden behalten. Wir können zwischen zwei Möglichkeiten wählen. Die eine ist tatsächlich die Vergebung. Die andere Möglichkeit: Ich schaffe es nicht zu vergeben. Dann kann ich den, der mir Unrecht tut, dem Urteil und der Barmherzigkeit Gottes überlassen.

Vergebung ist zuallererst etwas, das Gott kann

Denn Vergebung ist zuallererst etwas, das Gott kann. Und als Mensch kann ich‘s eben manchmal nicht. Dass mir Unrecht geschieht, mich jemand verletzt, das erschüttert mich und macht mich klein.   Mindestens eine Narbe ist geblieben. Menschen, denen so etwas widerfährt, kommen nicht zur Ruhe, schämen sich, so erniedrigt worden zu sein. Manche macht es krank. Das Unrecht ist geschehen. Dafür bin ich nicht verantwortlich. 

Ich bin frei zu vergeben oder nicht

Wenn ich das akzeptiere, heißt das nicht, dass ich es entschuldigen muss. Ich lasse die Anklage sein, denn sie vergiftet mich innerlich. Ich erwarte gar nichts mehr von dem, der Vergebung braucht. Ich muss also nicht vergeben, ich kann. Ich bin frei zu vergeben oder auch nicht.

Das Gegenteil von Schwamm drüber

Und ich weiß selbst, wie schwer das ist, um Vergebung zu bitten. Dazu muss ich mir mein eigenes Verhalten vor Augen halten, muss mir ansehen können, was ich getan oder unterlassen habe. Es geht leichter, wenn ich zuerst Gott um Vergebung bitte. Das kann ein Gebet sein, ein tiefer Seufzer. Auf jeden Fall ein intimes Gespräch mit der göttlichen Barmherzigkeit. Das ist tatsächlich das Gegenteil von Schwamm drüber.

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