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Faktor Mensch
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Faktor Mensch

Johanna Fröhlich
Ein Beitrag von Johanna Fröhlich, Evangelische Pfarrerin, Gießen
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Ein Abend mit Freunden im Garten. Wir sitzen rund um ein Feuer. Die Funken fliegen und über der Glut backt das Stockbrot.  

"Lass das doch eine künstliche Intelligenz machen!"

Wir unterhalten uns, was morgen so anliegt. Ich erzähle, dass ich eine Andacht fürs Radio schreiben will. Ein Freund schlägt vor: „Lass das doch eine künstliche Intelligenz machen!“ Daran habe ich noch nie gedacht, aber ich bin neugierig. Ob das funktionieren könnte? Wir probieren es sofort aus. Mein Freund gibt der KI den Auftrag: „Schreibe eine kurze Andacht fürs Radio, möglichst originell!“

Es geht um Dankbarkeit

Der Text ist in einer Sekunde fertig. Ziemlich schnell. Es geht darin um Dankbarkeit: Wer sich jeden Tag drei Dinge überlegt, für die er dankbar ist, wird zufriedener. Irgendwie hat man das schon mal gehört. Keiner von uns ist so richtig angetan davon. Das ist kein Funke.

Es fehlt das Echte - die eigene Sicht, der Glaube

Trotzdem macht es Spaß, mit der KI zu spielen: Wir verfeinern den Auftrag, tippen Stichworte ein: Keine Klischees, konkretere Beispiele. Wir wollen herausfinden, wie gut so eine künstlich generierte Andacht werden könnte. Und trotzdem: für mich funktioniert es nicht. Mir fehlt da was. Das Echte. Meine Sicht, mein Glaube.

Ein schöner Abend ohne KI

Dann geben wir es auf. Unterhalten uns über andere Dinge, lachen, erzählen von den Kindern und der nächsten Geburtstagsfeier, holen die Gitarre raus, singen alte Lieder und vergessen dabei das Stockbrot. Lange hatte ich nicht mehr einen so schönen Abend.

Dinge, für die ich dankbar bin

Auf dem Heimweg denke ich noch einmal über die KI-Andacht nach: Drei Dinge, für die ich dankbar bin. Heute fällt mir das sehr leicht. Dass wir so tief ins Gespräch versunken sind, dass mir sogar das Stockbrot angekokelt ist. Dass eine früher ins Bett will und sich doch nicht losreißen kann, weil der Moment einfach zu schön ist. Dass alle sagen, sie können nicht Gitarre spielen, und fast jeder dann doch ein Lied schafft.

Den Faktor Mensch kann keine KI ersetzen

Solche Geschichten kann eine künstliche Intelligenz nicht generieren. Von echter Freundschaft, von Musik am Lagerfeuer und Abenden die ganz tief berühren, davon kann nur ein Mensch erzählen. Wenn‘s um die Seele geht, dann braucht’s eben doch das echte Leben, das Fühlen und Ringen. Den Faktor Mensch. Es war gut, die Technik nicht zu verteufeln, sondern an ihr zu erkennen, was uns als Menschen ausmacht.

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