
Beten gegen Verzweiflung
Heute ist ein schwerer Tag.
Am 11. Juli 1995, vor 29 Jahren, hat in Europa der schrecklichste Massenmord seit dem Zweiten Weltkrieg begonnen: Über 8000 Bosnier wurden in neun Tagen umgebracht, Männer und Jugendliche, beim Massaker von Srebrenica. Ein Kriegsverbrechen während des Bosnienkriegs. Soldaten der Armee der Republika Srpska, der Polizei und des serbischen Paramilitärs haben die muslimischen Bosniaken dahingemetzelt, Frauen wurden massenhaft vergewaltigt.
Wegen Völkermord zu lebenslanger Haft verurteilt
Das Massaker gilt wegen seiner brutalen Planung und Durchführung als Völkermord; der damalige Präsident Radovan Karadžić und der Oberbefehlshaber Ratko Mladić sind inzwischen zu lebenslanger Haft verurteilt.
Bis heute traumatisch für alle Überlebenden
Offiziell war Srebrenica seit 1993 als Schutzzone eingerichtet, mit über 36.000 darin lebenden Menschen. Die wenigen UN-Blauhelme waren damals schon umstritten, auch ihr Mandat als friedenserhaltende Kräfte. Die Getöteten sind vorher ausgesondert worden, eingesperrt und abtransportiert – bis heute traumatisch für alle Überlebenden.
Ohnmächtig bin ich dem Geschehen damals gefolgt
Wie wenig habe ich während des ganzen Bosnienkrieges von den Gründen und Hintergründen verstanden. Wer sind die Kriegsparteien, wieso bekämpfen sie einander. Ohnmächtig bin ich dem Geschehen vor fast dreißig Jahren gefolgt. Es kann doch nicht sein, dass dies heute, fast mitten unter uns geschieht, dachte ich damals.
Trauer und Verzweiflung an viel zu vielen Orten auf der Welt
Auch heute denke ich bei militärischen Konflikten und Massakern an die Menschen in ihrer Trauer und Verzweiflung - im Ukrainekrieg, in Israel und Gaza, an viel zu vielen Orten auf dieser Welt.
„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ soll Jesus am Kreuz gerufen haben. (Matthäus 26,47)
Für sie werde ich heute eine Kerze anzünden
Ich weiß nicht, was die über 8000 Ermordeten von Srebrenica in ihren letzten Stunden gedacht, geweint, gebetet haben. Für sie werde ich heute eine Kerze anzünden. Schweigen. Und beten, dass die Überlebenden Menschen an ihrer Seite haben, die sie trösten.