
Den Sorgen-Rucksack abwerfen
Es ist Freitagnachmittag. Gleich kommen unsere beiden Kinder von der Schule nach Hause. Und da sind sie auch schon: Mit Schwung reißen sie die Haustür auf und fast im selben Augenblick landen zwei Schulrucksäcke auf dem Fußboden im Flur. Zack. Endlich Wochenende: Vokabeltests, eine Mathearbeit und auch das Referat in Musik – alles erledigt!Vielleicht haben die Kinder aber doch übers Wochenende Hausaufgaben auf. Oder sie müssen für irgendeine Arbeit lernen.
Endlich frei
Aber am Freitagnachmittag interessiert das alles niemanden. Jetzt machen sie es sich gemütlich: Erst gibt es Essen, dann hören sie Musik und machen Pause. Später verabreden sie sich mit Freunden und fragen, wie lange sie wegbleiben dürfen. Und schon sind sie wieder unterwegs.
Die schweren Schulrucksäcke liegen noch in der Ecke
Die Rucksäcke liegen immer noch da. Einfach hingeschmissen samt Jacken und Sportsachen. Ich seufze: Wie lange sage ich ihnen schon: Räumt eure Sachen gleich nach der Schule weg! Als ich die Schultaschen aufhebe, merke ich erstmal wieder, wie schwer die Dinger sind. Unglaublich, wieviel die Kinder die ganze Woche schleppen müssen!
Erinnerungen an die eigene Schulzeit
Und plötzlich erinnere ich mich, wie es mir als Schülerin ging. Wie anstrengend so eine Schulwoche manchmal war. Und dann am Freitag dieses unglaubliche Gefühl der Freiheit, wenn ich nach der Schule den Ranzen in die Ecke schmeißen konnte. Das war, als ob mit dem schweren Ding auch alle Sorgen und Probleme einfach mit wegfliegen würden. Zumindest für diesen Nachmittag.
Welchen Rucksack ich gern abwerfen würde
So frei würde ich mich auch gerne mal wieder fühlen! Nur: Am Freitagnachmittag einfach alles von mir werfen, das klappt als Erwachsene nicht mehr so gut wie damals. Das, was ich heute mit mir rumtrage, ist schon lange kein Schulrucksack mehr. Was mich anstrengt und manchmal müde macht, sind eher unsichtbare Dinge: Mails beantworten, Mittagessen kochen, hundert Termine gleichzeitig im Blick behalten, rechtzeitig das Geschenk für Omas Geburtstag organisieren und bloß nicht den Impftermin für den Großen vergessen. Für sich gesehen lauter Kleinigkeiten. Aber auch die kosten Kraft.
Auch Gedanken-Rucksäcke werden zur Last
Vor allem, weil ja neben dem Kleinkram immer wieder größere Sachen im Gedanken-Rucksack landen. Ob Krankheiten, Streit, oder Stress: Manchmal sind es richtig schwere Brocken, die wir da schultern müssen. Und selbst wenn es nur ein durchschnittlicher Rucksack wie bei mir ist: Wenn man ihn immer tragen muss, wenn er nie mal in die Ecke fliegen darf, dann wird auch der zur Last. Aber wohin damit?
Sorgen auf Gott werfen
Sorgen wie eine Schultasche einfach von sich werfen – eine schöne Vorstellung. In der Bibel im 1. Petrusbrief steht: „Alle eure Sorgen werft auf Gott; denn er sorgt für euch.“ (1. Petrus 5,7) Sorgen einfach wegwerfen, mit Schwung, so dass das ganze nervige Gewicht nicht mehr drückt? Ich stelle mir vor, wie ich mich gemütlich in die Hängematte lege und Gott einfach mal machen lassen. „Alle eure Sorgen werft auf Gott; denn er sorgt für euch.“
Sorgen vor Gott ausbreiten
Leider sitzt mein Rucksack ziemlich fest auf dem Rücken. Ihn abzuwerfen, ist gar nicht so einfach. Schon gar nicht so schwungvoll, wie die Kinder es mit ihren Rucksäcken machen. Also versuche ich es anders: Weil ich gerne laufe, gehe ich raus auf meinen Lieblingsweg. Unterwegs stelle ich mir vor, ich würde den Rucksack aufmachen und nur ein oder zwei kleine Sachen rausnehmen. Die zeige ich Gott, indem ich ihm davon erzähle: Hier, Gott, schau dir das mal an: Vorhin habe ich am Telefon meine Mutter angeblafft -einfach furchtbar. Ich war schon vor dem Telefonat genervt, weil das Auto mal wieder spinnt und ich nachher noch zum Zahnarzt muss.
In Gedanken zu Gott sprechen
In Gedanken sage ich Gott, wie überfordert ich mich fühle. Auch an wen ich denke und was mich nicht loslässt. Auch wenn es noch so unwichtig erscheint. Wenn ich Gott nur diese kleinen Dinge zeige, bin ich schon erleichtert. Eine Sache weg! Wie gut, dass es ausdrücklich heißt: Alle eure Sorgen werft auf Gott. Er ist ja keine ferne Macht, an die man sich nur mit den ganz großen Fragen des Lebens wendet. Im Gegenteil: Kein Gedanke aus meinem Rucksack ist für ihn zu unwichtig. Gott kümmert sich! „Denn er sorgt für euch“, sagt die Bibel.
Drauf vertrauen, dass Gott sich kümmert
Also packe ich in Gedanken weiter vor ihm aus und vertraue darauf, dass Gott sich irgendwie darum kümmert. Auch wenn ich nicht genau weiß, wie er das machen wird. Aber Hauptsache, es verändert sich was. Ein Bisschen spüre ich es schon auf meinem Spaziergang: Manches Problem erscheint jetzt gar nicht mehr so groß wie gedacht. Manches ist gar nicht so wichtig oder die Zeit ist gar nicht so knapp. Und an einigen Punkten sehe ich plötzlich ganz klar, was ich selbst falsch gemacht habe. Und ahne, was ich dagegen tun kann.
Mein Gedankenrucksack wird leichter
Mein Gedankenrucksack ist schon deutlich leichter. Und vor allem: gut sortiert. Dabei hilft mir das Gespräch mit Gott. Ich sehe besser, was ich erstmal lassen kann und was ich direkt tun muss. So auch jetzt: Ganz klar, der Anruf bei der Autowerkstatt muss sein. Dringend. Aber danach rufe ich meine Mutter an und zwar ganz in Ruhe. Das tut gut – uns beiden übrigens. Aber ist es das, was die Bibel meint? Ja, ich habe Gott Sorgen anvertraut, Aber der ganze Rucksack, war es nicht. Und habe ich wirklich richtig losgelassen, um Gott mal machen zu lassen?
Der Rucksack von Christine
Und dann begegnet es mir doch, dieses Gefühl, den Rucksack einmal richtig abzuwerfen. Einfach fest zu vertrauen, dass Gott sich schon kümmern wird. Allerdings ist es nicht mein Rucksack. Sondern der meiner Freundin Christine. Sie kämpft seit Jahren mit einer schlimmen Krankheit. Zwar geht es ihr inzwischen gar nicht mehr so schlecht. Aber vieles kann sie nur mit halber Kraft machen. Deshalb hat sie das Gefühl, nicht genug da zu sein für ihre Familie, ihre Freunde und ihren Job. Sie will einfach nur gesundwerden und versucht, alles genau so zu machen, wie die Ärzte es ihr sagen. Doch allein durch Willenskraft lässt sich die Krankheit nicht besiegen. Vieles hat sie auch gar nicht selbst in der Hand: Zum Beispiel die starken Medikamente, die sie müde machen oder die Schulprobleme eines ihrer Kinder.
„Wie soll ich das bloß schaffen?“
„Wie soll ich das bloß schaffen?“ Wohl zum hundertsten Mal stellt mir Christine diese Frage. Gemeinsam gehen wir Punkt für Punkt noch einmal durch, was die Therapeutin ihr rät. War Christine genug an der frischen Luft? Was ist mit den Medikamenten? Hm, alles richtig gemacht und doch fühlt sie sich elend. Wie immer beten wir gemeinsam und ich bitte Gott um Kraft und Gelassenheit. Da sagt Christine genervt: „Ich hab die Nase voll von Kraft und Gelassenheit! Ich muss eh alles allein schaffen.
In diesem Moment muss ich an unsere Kinder denken: Keiner will sich jetzt noch mehr anstrengen, sondern einfach den Rucksack in die Ecke schmeißen. „Werft eure Sorgen auf Gott, denn er sorgt für euch“, geht es mir durch den Kopf.
Jetzt ist Gott dran
Ja, Gott, jetzt bist du dran, denke ich. Ich bin mit meinem Latein am Ende. Deshalb sage ich: Lass uns einen Kaffee trinken. Wir machen jetzt Pause. Hoffentlich hat Gott irgendeine hilfreiche Idee für dich. Irgendwas, was uns gerade nicht einfällt.“ Wir beschließen, in den nächsten Tagen die Augen offenzuhalten, ob wir so etwas wie eine Antwort bekommen. Irgendetwas, das Christine weiterhilft. Alles, was wir jetzt noch tun müssen, ist zu entscheiden, ob wir lieber Cappuccino oder Espresso trinken.
Gott hat geholfen
Tage später klingelt das Telefon. Christine erzählt mir, was für einen unbeschwerten Abend sie nach unserem Treffen hatte. Nur sie und ihr Mann - ohne die Krankheit als Thema. Denn da sollte sich Gott ja drum kümmern. „Ich weiß nicht, wie er es gemacht hat – aber ich bin irgendwie gelassener und zuversichtlicher“, erzählt sie. In unseren Augen ist es Gott, der Christine geholfen hat. Was die Zukunft bringt, wird man sehen. Aber ich vertraue auf diese Hilfe…
…Und zwar – immer – und nicht nur am Freitagnachmittag.