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Fußballfans und Christen: viel mehr Gemeinsamkeiten als man denkt
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Fußballfans und Christen: viel mehr Gemeinsamkeiten als man denkt

Stefan Buß
Ein Beitrag von Stefan Buß, Katholischer Pfarrer in der Innenstadtpfarrei St. Simplicius, Faustinus und Beatrix, Fulda
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Seit Freitag ist es endlich so weit. Die Fußball-Heim-Europameisterschaft in Deutschland hat begonnen. Ein Ereignis, das Millionen Menschen in ganz Europa und darüber hinaus fasziniert und vereint. Die Begeisterung für dieses Turnier ist ansteckend, und viele werden die Spiele mit großer Leidenschaft und Interesse verfolgen. Viele haben dem Ereignis entgegengefiebert. Mancher hat sich vielleicht um eine Karte in einem der EM-Stadien bemüht. Und auch die Mannschaften selbst haben sich nach einer harten Meisterschaftssaison noch einmal in Top-Form gebracht, wollen gute Spiele abliefern und erfolgreich sein. Der Teamgeist wird bei so vielen in diesen Tagen beschworen. Es finden sich aber durchaus auch Parallelen zwischen einem Fußballspiel und unserem Leben. Fußball, wie auch das Leben selbst, ist ein Spiel voller Überraschungen.

90 Minuten auf dem Platz spiegeln das wahre Leben

Es gibt Momente des Triumphs und Zeiten der Niederlage. Genau wie die Teams auf dem Spielfeld müssen auch wir lernen, mit Erfolgen und Misserfolgen umzugehen. In beiden Fällen ist es entscheidend, wie wir reagieren. Erfolg im Fußball ist das Ergebnis harter Arbeit, Teamgeist und Ausdauer. Spieler trainieren unermüdlich, verbessern ständig ihre Fähigkeiten und unterstützen einander. Ähnlich fordert das Leben von Menschen, beständig zu sein, an sich zu arbeiten und die Gemeinschaft zu stärken. Doch was passiert, wenn Menschen scheitern? Niederlagen sind unvermeidlich, sowohl auf dem Spielfeld als auch im Leben. Die Kunst liegt darin, aus diesen Rückschlägen zu lernen und gestärkt daraus hervorzugehen. Im Fußball zeigt sich wahre Größe oft darin, wie ein Team nach einer Niederlage reagiert. Werden sie zusammenhalten, ihre Strategie überdenken und gestärkt zurückkehren? Auch im Alltag sind Menschen aufgerufen, nach Misserfolgen nicht zu verzagen, sondern neue Kraft zu schöpfen und weiterzumachen. Ein weiteres wertvolles Element des Fußballs ist der Teamgeist. Ein erfolgreiches Team besteht nicht nur aus talentierten Einzelspielern, sondern aus Menschen, die füreinander einstehen, ihre Stärken kombinieren und gemeinsam für ein Ziel kämpfen. In der Gesellschaft, in einem Staat, in der Kirchengemeinde, ist es nicht anders. Menschen brauchen eine Gemeinschaft, die zusammenarbeitet, einander unterstützt und gemeinsam ihre Werte vertritt und so in Gesellschaft und Kirche hineinwirkt.

Musik

Ein Fußballspiel und dann noch auf internationalem Niveau ist immer für den Fan auch etwas Besonderes. Fans sind bei allem auch wichtig. Aus der Corona Zeit haben wir noch die Bilder vor Augen, als die Stadien leer blieben und die Spiele vor „toter“ Kulisse stattfanden. Auch eine Mannschaft braucht ihre Fans. Ein Fan gibt alles für seinen Verein und nicht umsonst spricht man manchmal von der Fankulisse als 13. Mann. Wahre Fußballfans zeichnen sich durch ganze Hingabe und Treue aus. Auch da lässt sich gut eine Parallele aufzeigen. Für den Christen wird dabei etwas sichtbar, was Glaube zu bedeuten hat.

Was Christen und Fans gemeinsam haben

Eben keine religiöse Weltanschauung, sondern persönliche Hingabe und eigenes Bekenntnis. So wie ein Fußballfan von sich selbst sagt: „Ich bin Deutschland-Fan – ich bin der Nationalmannschaft voll und ganz verpflichtet“, so bekennt sich ein Christ zu Jesus Christus. Er bekennt: Er ist für mich „der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ (Joh 14,6) Was Jesus gesagt hat, was er getan hat, was er erlitten hat, was mit ihm am Kreuz von Golgota und an Ostern bei seiner Auferstehung geschehen ist, das ist für den Christen lebensentscheidend. Auf ihn vertraut er, auf ihn verlässt er sich, an ihm macht er sein Leben fest, egal was auf ihn zukommt. Und er ist mit diesem Glauben nicht für sich allein, sondern findet sich in der weltweiten Gemeinschaft von Gläubigen wieder. In Jesus Christus sind sich wildfremde Menschen, unterschiedlicher Sprache, Herkunft, ja Hautfarbe, einig, nennen sich Schwestern und Brüder. Sonntag für Sonntag versammeln sich die Christen nicht in einer Arena, also nicht in einer Wettkampfstätte mit ringsum steigend angeordneten Zuschauersitzen, sondern in einem nach Osten ausgerichteten Kirchengebäude. Sie loben Gott mit ihren Liedern, rufen Jesus Christus als Herrn an, hören auf Gottes Wort aus der Heiligen Schrift, beten gemeinsam zum dreieinigen Gott, empfangen Jesus Christus in Brot und Wein und werden für die kommende Woche gesegnet. Und wie ein Fan, der mit seinen Vereinsfarben und dem Fanschal durch die Straßen zieht, bekennen sich auch Christen außerhalb der Kirche bzw. der Gemeinde zu dem, was sie glauben und zu dem, für den sie einstehen: Jesus Christus.

Musik

Jetzt ist das Turnier richtig gestartet und viele sind gespannt, wie wird es verlaufen? Wer würde sich nicht über den Sieg der eigenen Mannschaft von Herzen freuen! Die Erwartungen im Gastgeberland Deutschland sind nicht zuletzt mit dem neuen Bundestrainer hoch. Und die Freude über einen Sieg wäre in Deutschland gewiss riesig, übrigens auch bei mir. Aber warten wir es ab. Über allen Erfolgshoffnungen wollen wir die Fairness nicht vergessen. Fairness im Spiel bedeutet, ohne Foul auszukommen und Respekt vor dem Gegner zu haben. Für unser Leben gilt: In unseren Urteilen barmherzig und respektvoll zu bleiben! Wer nicht gewinnt, ist noch lange kein Versager. Auch wer beim Schritt vom Machen zum Gelingen zurückbleibt, soll aufrechten Hauptes vom Platz gehen. Fairness in den Urteilen über Spieler wie Betreuer wird auch ein Prüfstein dafür sein, ob wir uns des Preises würdig erweisen – ganz unabhängig davon, wer ihn schließlich erhält.

Was wir aus dem Turnier mitnehmen können

Mögen wir aus den Spielen Inspiration schöpfen, um auch in unserem Leben und Glauben beständig zu bleiben, aus Niederlagen zu lernen und als Gemeinschaft zusammenzuhalten. Die Spannung des Turniers ist mit Händen zu greifen. Nicht mehr die Vorbereitung zählt, sondern das Spiel, nicht auf das Üben kommt es an, sondern auf das Gelingen. Aber nach siegeswürdigem Verhalten sind nicht nur die Spieler gefragt. Die Frage gilt uns allen. Zur Fußball-Europameisterschaft gehören nicht nur eine gute Organisation der Wettkämpfe und eine gute Vorbereitung der Spieler, sondern ebenso das Bemühen um Gastfreundschaft, die Fairness auf den Straßen und Plätzen, nicht zuletzt auch die Sorge um die Sicherheit. Initiativen in Kirche und Gesellschaft für fairen Handel, für den respektvollen Umgang mit Fremden sind dabei keine Nebensache. Auch all diese Bemühungen gehören zu einer Haltung, die sich des Siegespreises würdig erweisen will – in dem Wissen, dass keiner über ihn verfügt. Gerade das Fußballturnier in diesen Tagen in Deutschland kann ein wichtiges Zeichen in die Welt senden für Frieden und Völkerverständigung, für Gerechtigkeit und Vielfalt in der Gesellschaft.

Ich wünsche uns viele spannende Spiele mit fairem und gutem Fußball. Eine deutsche Mannschaft, die erfolgreich spielt, und mögen diese sportlichen Tage, viele Menschen und Nationalitäten in friedlichen Begegnungen zusammenführen.

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