Perspektivwechsel mit Folgen
Nach langer Zeit bin ich vor ein paar Wochen mal wieder auf den Frankfurter Goetheturm gestiegen. Diesmal ist mir ganz besonders aufgefallen: Mit jeder Runde hab ich einen ganz anderen Ausblick. Ist man bei den „ersten Stockwerken“ sozusagen noch im Wald und kann nicht weit schauen, wird der Blick dann immer weiter. Ganz oben angekommen, sieht man die Frankfurter Skyline und dahinter die Berge des Taunus. Auf der anderen Seite ist die Aussicht noch mal ganz anders. Nichts als Grün. Kein Hinweis darauf, dass ich mich am Rand einer Großstadt befinde.
Eltern auf die Augenhöhe ihres dreijährigen Kindes bringen
In meiner Arbeit als Familientherapeutin spiele ich auch gerne mit Perspektivwechseln. Dann lasse ich zum Beispiel Mutter oder Vater mal auf der Augenhöhe ihrer dreijährigen Kinder auf dem Boden sitzen und frage: Was sehen Sie? Und was sehen Sie nicht? Und was können Sie erreichen? Und was nicht? Oft ist die einfache Erkenntnis: Ich kann nicht erkennen, was auf dem Tisch ist. Ich kann nicht sehen, was im Schrank ist. Da spürt man plötzlich, wie sehr ein so kleiner Mensch auf Hilfe angewiesen ist. Auf einmal wird es verständlich: Es kann sehr wütend machen, wenn man sich nicht selbst helfen kann.
Rollentausch bringt einen Perspektivwechsel bei Paaren
Auch für Paare ist ein Perspektivwechsel oft nützlich eine gute Übung. Wenn dann auch noch die Macht zwischen zwei Menschen ungleich verteilt ist, wie etwa bei einem Vorgesetzten und einem Mitarbeitenden, dann wird ein Rollentausch mit Perspektivwechsel spannend. Wenn die stärkere Person dann ihre Macht nicht gegen mich einsetzt, dann fühlt sich das an wie ein großes Geschenk.
Gott hat die Perspektive der Menschen eingenommen
Für mich liegt darin eine Faszination des christlichen Gottes: Gott hat die Perspektive der Menschen eingenommen und ihre Schwächen und Ängste geteilt. Freiwillig. Ich denke: Ein solcher Gott kann gar nicht strafend und richtend sein. Denn er versteht: Wir machen Fehler aus Schwäche und Unwissenheit. Und selbst wenn Menschen einander nicht mehr vergeben können: Gottes Blick wird immer verständnisvoll sein.