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Zugfahrt
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Mit Gott im Zug

Christine Findeis-Dorn
Ein Beitrag von Christine Findeis-Dorn, Supervisorin/Coach DGSv, Wiesbaden, katholisch
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„Haben Sie Internet?“ fragt mich mein Gegenüber im ICE. „Ne, nur wacklig“, seufze ich. Wir checken das Bord-WLAN. Da entdecke ich: Jemand hat ein Netzwerk angemeldet mit dem Namen „GOTT“.

Wer ist so kühn – oder so kreativ?

Verblüfft zeig ich das meinem Gegenüber, wir schmunzeln und schauen uns neugierig um. Wer von den Reisenden könnte sein Netzwerk GOTT genannt haben? Wer ist so kühn - oder so kreativ?

Was, wenn Gott wirklich mitreisen würde

Meine Gedanken kreisen weiter: Was, wenn GOTT wirklich an Bord wäre? Wäre es der ältere Herr, der sein Bier genießt? Die junge Mutter, die ihr weinendes Baby wiegt? Oder vielleicht sogar jemand vom Personal?

Der Messias ist unter euch

Dabei fällt mir eine Geschichte ein von einem alten Kloster, das in großen Schwierigkeiten war: Es hatte kaum Nachwuchs, kaum Gläubige, leere Kassen. Da fragt der Abt einen alten Einsiedler in der Nähe um Rat. Den will der Einsiedler dem Abt wohl geben, der Abt darf den Rat seinen Mönchen aber nur einmal sagen und dann nie wieder. Dieser Rat des Einsiedlers lautet: „Der Messias ist unter euch.“

Wer von ihnen könnte der Messias sein?

Zuhause erzählt der Abt seinen Mönchen: „Der Einsiedler hat gesagt: ‚Der Messias ist unter euch.‘“ Die Mönche sind bestürzt. Was soll das bedeuten? Wer von ihnen könnte der Messias sein?

Mit der Zeit gehen die Mönche anders miteinander um

Alle sind verwirrt, aber keiner erwähnt den Rat jemals wieder. Mit der Zeit gehen die Mönche anders miteinander um – warmherzig, aufrichtig, mit einer ganz eigenen Ehrfurcht. Schnell merken das die Menschen, die zu ihnen kommen, und sie kommen wieder in Scharen. So geht die Geschichte.

Und beschwingt steige ich aus dem Zug

Und ich sitz in meinem Zug. Sehe auf meinem Laptop immer noch den Internet-Nutzer mit Namen GOTT und denke mir: Wer weiß. Unterhalte mich nett mit meinem Gegenüber. Gebe der Bedienung im Bordbistro ein bisschen mehr Trinkgeld. Und beschwingt steige ich in Frankfurt aus.

Vielleicht bin ich heute ja wirklich mit Gott Zug gefahren.

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