
Begegnung mit einem Zeitzeugen
Es gibt nicht mehr sehr viele Menschen, die die Herrschaft der Nationalsozialisten erlebt haben und von dem Grauen und Schrecken dieser Jahre aus persönlichem Erleben erzählen können. Umso wichtiger ist es, Begegnungen mit diesen Zeitzeugen zu ermöglichen. In dieser Woche haben mehrere Schulklassen in Hessen Zeitzeugen zum Gespräch eingeladen. Und weil eine Reise nach Deutschland für sie oft beschwerlich ist, finden die Begegnungen digital statt. Auch wenn die Gäste nicht in der Schule anwesend sind, so beeindrucken ihre Berichte dennoch tief. Davon erzählen die Schulklassen, die in den letzten Jahren bei einem solchen Projekt dabei waren.
Diese Begegnung berührte mich tief
Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. In der Mitte der 90er Jahre bin ich einer hochbetagten Frau begegnet. Sie war bei uns in Ockenheim geboren und aufgewachsen und gehörte der jüdischen Gemeinde an. Sie hat aber bald nach der Machtergreifung der Nazis Ockenheim verlassen und ist nach Amerika ausgewandert. Jetzt suchte sie noch einmal die Verbindung zu ihrer Heimat. Sie berichtete von dem Schrecken, den die Nazis auch in Ockenheim verbreitet hatten. Und von ihrer Flucht, weil das Leben für sie und ihre Familie unerträglich geworden war. Das schmerzte insbesondere auch deswegen, weil sie in das Leben des Dorfes integriert war. Sie und ihr Bruder hatten selbstverständlich den katholischen Kindergarten besucht und auch sonst einfach dazugehört. Zudem wusste sie viel vom Leben in der katholischen Kirchengemeinde. Sie war mit den Menschen und ihrer Lebensweise, die nicht ihre eigene war, verbunden.
Diese Begegnung hat mich tief berührt.
Dann wird mein Leben reicher
Sie hat mich darin bestätigt, Menschen um mich herum wahrzunehmen, zu entdecken, was ihnen wichtig ist und ihnen mit Ehrfurcht zu begegnen. Gerade auch, wenn sie anders glauben oder leben als ich. Dann wird mein Leben reicher, und ich kann einen Beitrag leisten zur Verständigung und zum friedvollen Miteinander.