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Die Welt steht Kopf

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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Diese Woche steht die Welt Kopf – zumindest wenn es nach der Deutschen Alzheimer Gesellschaft geht. Unter dem Motto „Die Welt steht Kopf“ organisiert sie eine Reihe von Veranstaltungen rund um den Welt-Alzheimer-Tag, der gestern, am 21. September, begangen wurde. Zusammen mit vielen örtlichen Selbsthilfegruppen macht sie aufmerksam auf das Leben mit Demenz. 

Die Zahl der Demenz-Erkrankten nimmt weltweit zu

Ich finde das wichtig, denn die Zahl der Demenz-Erkrankten nimmt weltweit zu. Die Krankheit ist nicht heilbar, aber es gibt viele Hilfs- und Unterstützungsangebote für Erkrankte, ihre Angehörigen und Freunde.

Meine Omi war teilweise wirklich "seltsam"

Mich beschäftigt das Thema schon länger: Meine Omi hat in den letzten Monaten ihres Lebens bei uns gewohnt und war teilweise wirklich „seltsam“. Gewohnte Routinen waren ihr plötzlich fremd, und auf Ansprache hat sie oft abwehrend oder verständnislos reagiert. Das war für uns alle nicht leicht – für sie sicher am schwersten. 

Es kommt zu tragischen und brenzligen Situationen

Der Film „Honig im Kopf“ mit Didi Hallervorden greift dieses Thema auf für mich berührende Weise auf: Der ehemalige Tierarzt Amandus Rosenbach leidet zunehmend an Demenz. Sein Sohn überredet ihn, zu ihm zu ziehen. Schnell kommt es zu einigen tragisch-komischen und auch brenzligen Situationen. Schließlich fährt seine Enkelin Tilda mit ihm heimlich nach Venedig, damit die damit verbundenen schönen Erinnerungen wiederkommen – eine Panne folgt auf die nächste und zwischen verwirrten Momenten finden immer wieder tiefe Gespräche statt. 

Demenz Erkankte sind sensibel für zwischenmenschliche Schwingungen

Dieser Film hat mir auf berührende Weise gezeigt, wie Alzheimer eine ganze Familie an den Rand der Verzweiflung, aber letztlich auch wieder näher zusammen bringen kann. Es wird nämlich deutlich: Bei allen Defiziten und allem Schmerz haben an Demenz Erkrankte auch ein gutes Gespür für zwischenmenschliche Schwingungen und sind oft sehr humorvoll. 

Der Schlüssel: gedulig und humorvoll Veränderungen annehmen

Der Schlüssel scheint mir zu sein, geduldig und auch humorvoll die Veränderungen anzunehmen – das ist manchmal leichter gesagt als getan. Und sicher ist es auch individuell verschieden, wie gut Kommunikation noch gelingen kann. 

Dement sein fühlt sich für ihn an wie Honig im Kopf

Im Film erzählt Amandus seiner Enkelin, wie es sich für ihn anfühlt, dement zu sein: Wie Honig im Kopf – die Gedanken sind verklebt, und er findet in dem klebrigen Zeug die richtigen Worte nicht. – Keine schöne Vorstellung, finde ich. Wie gut, wenn man da eine liebevolle Enkelin hat. 

Ein liebevoller, geduliger Umgang hilft dementen Menschen

„Die Liebe ist langmütig“ heißt es in der Bibel (1 Kor 13,4) – gerade bei Menschen mit Einschränkungen ist ein liebevoller, geduldiger Umgang ganz wesentlich. Auch wenn es mir manchmal schwerfällt, gebe ich mir Mühe, liebevoll und geduldig mit allen Menschen umzugehen: vielleicht steht ihre Welt gerade Kopf – wegen Alzheimer oder wegen etwas anderem. Geduld hilft vermutlich in jedem Fall.

 

 

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