
Was hält die Liebe frisch?
„Was hält Ihre Liebe frisch?“ So frage ich Menschen, deren Ehejubiläum ich als Pfarrerin mitgestalten darf. Sie sind mehrere Jahrzehnte verheiratet, manchmal länger, als ich auf der Welt bin. Mich interessiert: Was hat sie zusammengehalten?
Miteinander reden
Die meisten antworten: miteinander reden; einander nicht verändern wollen, den anderen nicht zu etwas bringen, das er oder sie nicht will. Das klingt eher pragmatisch, fast handwerklich. Aber vor diesem Handwerk geht es ja auch um die innere Entscheidung, dass ich dabeibleiben will. Wie stärken sie die? Was ist, wenn die Liebe gerade nicht frisch und knusprig ist und einer überlegt zu gehen?
Manchmal fehlt die Liebe
Eine ältere Dame erzählt mir über sie und ihren Mann: „Manchmal fehlt die Liebe in unserer Ehe. Das ist so. Ich glaube, dass Gott die Liebe ist. Deswegen suche ich dann Gott. Andere würden wahrscheinlich die Probleme lösen. Aber manchmal geht es nicht um die konkreten Probleme, sondern um die Liebe dahinter, die fehlt. Die gehe ich dann suchen.“
Gott ist die Liebe
Ich frage: „Wie machen Sie das?“ Sie antwortet: „Ich stelle mir vor: Gott, die Liebe, ist wie eine Quelle mit frischem Wasser. In Gedanken trinke ich von diesem Wasser, kühle meine Handballen und Unterarme darin. Ich nehme diese sprudelnde Liebe in mich auf. Das hilft mir. Ich will wieder in Berührung mit der Liebe kommen und sie in unsere Ehe hineinbringen.“
Die Liebe erfrischen durch ein Segensritual
Die Liebe erfrischen. Dafür haben eine Kollegin und ich uns etwas ausgedacht: ein Segensritual für Paare in unserer Kirche. Die Gelegenheit, sich mit Musik und guten Worten einen berührenden Augenblick zu schaffen, sich segnen zu lassen und einander zu sagen, was man an der Partnerin liebt, wofür man dankbar ist, was man dem anderen wünscht.
Dazu haben wir Paare eingeladen. Das war berührend: Menschen sagen sich, was sie aneinander lieben, wünschen einander Gutes für das, woran die andere, der andere leidet. Ich hatte das Gefühl: In den Worten und Blicken sprudelte die Liebe Gottes.
Liebe ist Handwerk und sprudelnde Quelle zugleich
Seitdem denke ich: Liebe ist beides zugleich, das Handwerk, sich zu sagen, was man liebt und was schwer ist. Und Liebe ist wie eine sprudelnde Quelle, an der man sich stärken kann. Liebe ist mal frisch und mal müde, mal runtergefallen vom Kopfkissen und mal hüpft sie erfrischt zur Tür herein, wenn man sich gegenseitig genau wahrnimmt und Zeit miteinander teilt.
Eine Frau, die bei dem Segensritual mit Deko und Sekt geholfen hat, sagte danach zu mir: „Es passiert so viel Schlimmes in der Welt. Bestimmt ist Gott manchmal müde. Aber heute ist die Liebe auch zu Gott zurückgeflossen.“