
Was glaubst denn du?
Heute steht im katholischen liturgischen Kalender der Gedenktag für die ersten Märtyrer in Rom. Er soll an die Christen erinnern, die im Jahr 64 von Kaiser Nero verfolgt und getötet wurden. Nero hatte ihnen den Brand Roms zur Last gelegt, den er sehr wahrscheinlich selbst verursacht hatte.
Und das war nur der Anfang: Zu allen Zeiten wurden Christinnen und Christen verfolgt. Und ja, Christen haben auch selbst viel Schuld auf sich geladen: Sie haben nicht nur mit der Bibel, sondern auch mit Schwertern missioniert und so genannte „Ungläubige“ blutig bekämpft und das ist furchtbar. Aber es stimmt auch:
Bedroht, diskriminiert und sogar ermordet
Aktuell ist das Christentum die am stärksten verfolgte Religionsgemeinschaft. In verschiedenen Teilen der Welt werden Kirchen, christliche Gemeinschaften und einzelne Gläubige bedrängt und verfolgt. In Ländern wie Vietnam, Pakistan oder China sind solche Repressionen Ausdruck einer systematischen Verletzung der Religionsfreiheit. In anderen Ländern werden Gläubige aufgrund ihres Einsatzes für Gerechtigkeit und Frieden bedroht, diskriminiert und manches Mal sogar ermordet.
Kriminelle Aufrufe zur Gewalt
In Europa kann ich mich als Christin sicher fühlen und meinen Glauben öffentlich praktizieren. Dafür bin ich dankbar. Sorge macht mir aber auch hier die Entwicklung: In den letzten Jahren nimmt - vor allem in sozialen Netzwerken -, aber auch in öffentlichen Diskussionen überhaupt, die Aggressivität zu. Immer häufiger wird die Meinungsfreiheit dazu benutzt, andere zu beleidigen oder sogar kriminelle Aufrufe zur Gewalt öffentlich zu verbreiten.
Das bereitet mit Sorge
In Europa richtet sich die Diskriminierung und Anfeindung häufig gegen Jüdinnen und Juden oder gegen Muslime. Auch in scheinbar ganz harmlosen Kommentarspalten unter seriösen Zeitungsberichten oder auf der Seite katholisch.de lese ich immer häufiger hasserfüllte Kommentare – gegen verschiedene Glaubensrichtungen, auch gegen Christinnen und Christen. Das macht mir Sorge.
Natürlich gibt es genug Gründe, Religionsgemeinschaften zu kritisieren. Für Kriegstreiber, Missbrauchstäter oder Prediger von Hass und Gewalt darf es keine Toleranz geben. Sachlich scharfe Kritik ist dann sogar notwendig – Hass und Hetze in keinem Fall! Deshalb setze ich mich dafür ein, jede Form von Hass im Netz zu bekämpfen.
Für Zivilcourage im Netz einsetzen
Ich unterstütze Initiativen, die sich für Zivilcourage im Netz einsetzen. Und immer wieder kommentiere ich auch selbst etwas. Ich möchte, dass die schweigende, mitlesende Mehrheit eine Stimme hat – wenigstens eine. Und ich bete für alle Menschen in allen Ländern und in allen Religionen, die sich für ein friedliches Miteinander von verschiedenen Weltanschauungen und Meinungen einsetzen. Ich tue das als Christin, weil ich davon überzeugt bin: Es ist wichtig, sich für Respekt und Toleranz einzusetzen, unabhängig davon, was jemand glaubt.
Für keine Religion und in keinem Land
Ich wünsche mir: Artikel 4 des Grundgesetzes soll überall auf der Welt gelten. „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. …“ (Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Art. 4)
Eine Verfolgung wie zuzeiten der christlichen Märtyrer in Rom darf es nicht geben. Für keine Religion und in keinem Land. Daran erinnert mich heute der Gedenktag.